"Nein heißt nein"

Für alles, was uns sonst noch so interessiert.
Benutzeravatar
Mr.Trikorder
Posts in topic: 10
Beiträge: 150
Registriert: 18.07.2013 22:03

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

@Jadoran:
Ich bewerte das nicht, ich habs nur gefunden und hier wiedergeben ...

Aber ich muss zugeben in der vorläufigen Fassung finde ich Absatz 2 recht ... interessant. Denn hier kommt ein Sonderfall hinzu.

Jadoran
Posts in topic: 12
Beiträge: 10920
Registriert: 14.11.2014 10:06

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

@Mr.Trikorder: Der Dank heißt ja nicht, "Ich stimme Dir zu", sondern "Du hast mir in meiner Meinungsbildung geholfen".
Dreck vorbeischwimmen lassen

Benutzeravatar
Der Wanderer
Posts in topic: 2
Beiträge: 2693
Registriert: 25.12.2003 18:46
Wohnort: Bonn
Geschlecht:
Kontaktdaten:

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

BenjaminK hat geschrieben:Nur der Vollständigkeit halber:
Ich würde auch jedem anderen, Geschlecht und Verwandtschaft egal, raten, lieber ein Leid zu vermeiden. [...] oder eben auch Situationen, in denen potentielle Übergriffe mit sexuellem Hintergrund statt finden können, obwohl das unter Strafe ist/gehört.
Tja, und wie soll das bitte konkret aussehen? Welche Rocklänge, Ausschnitttiefe etc. ist da dann angemessen? Beispielsweise, wenn man in Köln in eine Disko gehen will? Und gilt was anderes, wenn man das auf dem Land macht?

Ich verstehe zwar euren Gedankengang, mag ihn aber überhaupt nicht teilen. Konsequent zu Ende gedacht kommen wir nämlich dann tatsächlich zu Burka, Kopftuch & Co. Die sind ja gar nicht bösartig und als unmittelbares Unterdrückungsinstrument gemeint, sondern entspringen dem Gedanken, Frauen vor der unkontrollierbaren Libido der Männer schützen zu wollen.

Ich weiß, es geht euch um eventuelle Gefahrenreduktion. Und möglicherweise funktioniert es teils tatsächlich, wenn man als Frau in Sack und Asche und möglichst unattraktiv herüberkommt. (Wohlgemerkt: in manchen Fällen. Oft genug ist das egal.) Aber was ist denn dann die Konsequenz? Dass Frauen dann am besten tatsächlich auf "aufreizende" Kleidung verzichten sollen?

Das geht mir völlig in die falsche Richtung. Aus verschiedensten Gründen. Zum einen schafft es eben durchaus den Gedanken, dass man falsch gekleidet war und deswegen irgendwie doch eine Teilschuld hat. Zum anderen unterstützt es die Idee des Mannes als brünstiges Tier, das halt nur ein paar nackte Reize braucht, bevor es austickt. (Etwas übertrieben dargestellt, aber in die Richtung geht es.) Beides empfinde als grundfalsch.
Freinfair: freie und faire Heldengenerierung plus vereinfachte Steigerungsregeln

Benutzeravatar
Mr.Trikorder
Posts in topic: 10
Beiträge: 150
Registriert: 18.07.2013 22:03

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

@Jadoran:
Jetzt hab ich doch einen Moment überlegen müssen ... ich bezog mich auf deinen Post, nicht auf den Dank! XD
Aber vielleicht hätt ich das lieben gleich an die Allgemeinheit schreiben sollen ... du warst nur der Erste der geschrieben hat. :-P

Benutzeravatar
Lanzelind
Posts in topic: 2
Beiträge: 16884
Registriert: 26.08.2003 22:42
Wohnort: bei Limburg
Geschlecht:
Kontaktdaten:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Lanzelind »

Der Wanderer hat geschrieben: Das geht mir völlig in die falsche Richtung. Aus verschiedensten Gründen. Zum einen schafft es eben durchaus den Gedanken, dass man falsch gekleidet war und deswegen irgendwie doch eine Teilschuld hat. Zum anderen unterstützt es die Idee des Mannes als brünstiges Tier, das halt nur ein paar nackte Reize braucht, bevor es austickt. (Etwas übertrieben dargestellt, aber in die Richtung geht es.) Beides empfinde als grundfalsch.
Aufrichtigen Dank für diesen Beitrag! Dem kann ich nur zustimmen.

Thargunitoth
Posts in topic: 13
Beiträge: 1651
Registriert: 12.09.2011 22:27

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Schuld und Mitursache sind zwei unterschiedliche Dinge.

Eulenspiegel
Posts in topic: 7
Beiträge: 4822
Registriert: 15.04.2005 13:32

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Der Wanderer hat geschrieben:Tja, und wie soll das bitte konkret aussehen? Welche Rocklänge, Ausschnitttiefe etc. ist da dann angemessen? Beispielsweise, wenn man in Köln in eine Disko gehen will? Und gilt was anderes, wenn man das auf dem Land macht?
Keine Ahnung. Ich kenne mich damit nicht aus. Aber ich würde gerne darüber informiert werden, BEVOR ich zusammengeschlagen, vergewaltigt oder sonstwas werde.

Jedem steht es frei, Tipps zu ignorieren. Aber anderen Leuten Tipps vorzuenthalten, nur weil man selber diese Tipps nicht befolgen will, halte ich für egoistisch.
Konsequent zu Ende gedacht kommen wir nämlich dann tatsächlich zu Burka, Kopftuch & Co.
Konsequent zu Ende gedacht, erwartet du von Frauen, dass sie in Katar nackt für Frauenrechte demonstrieren und verschweigst ihnen, dass sie dafür ins Gefängnis wandern.

Und nachdem du die ahnungslosen Frauen nach Katar geflogen hast, sagst du dann: "Hey, es ist nicht meine Schuld, dass sie dort im Gefängnis landen. Es ist die Schuld der Katar-Justiz."
Aber was ist denn dann die Konsequenz? Dass Frauen dann am besten tatsächlich auf "aufreizende" Kleidung verzichten sollen?
Von "sollen" kann keine Rede sein.

Es geht um eine Abwägung von Sicherheit vs. Freiheit.

Du hast für dich persönlich die Freiheit groß geschrieben. (Was recht einfach ist, wenn man in einem sicheren Umfeld lebt und selber nie großer Gefahr ausgesetzt ist.)
Aber es ist zu akzeptieren, wenn für andere Leute die Sicherheit wichtiger ist als die Freiheit. (Was vor allem bei Personen der Fall ist, die in einem sehr unsicheren Umfeld leben.)
Das geht mir völlig in die falsche Richtung. Aus verschiedensten Gründen. Zum einen schafft es eben durchaus den Gedanken, dass man falsch gekleidet war und deswegen irgendwie doch eine Teilschuld hat. Zum anderen unterstützt es die Idee des Mannes als brünstiges Tier, das halt nur ein paar nackte Reize braucht, bevor es austickt. (Etwas übertrieben dargestellt, aber in die Richtung geht es.) Beides empfinde als grundfalsch.
Also "weil nicht sein kann, was nicht sein darf"?

Sorry, die Kausalität schert sich nicht um Moral.

Ansonsten kommt in der Diskussion noch erschwerend hinzu, dass Schuld zwei verschiedene Bedeutungen hat: Einmal im naturwissenschaftlichen Sinne und einmal im juristischen Sinne.
Missverständnisse treten häufig dadurch auf, dass der eine von naturwissenschaftlicher Schuld spricht, während der andere von juristischer Schuld spricht. Das sind jedoch zwei unterschiedliche Konzepte.

Benutzeravatar
BenjaminK
Posts in topic: 8
Beiträge: 3269
Registriert: 03.01.2015 21:51
Wohnort: Berlin
Geschlecht:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von BenjaminK »

@Der Wanderer
Deswegen hab ich irgendwo ein* gesetzt. Die Burka bringt gar nix, aber potentielle Situationen einschätzen und ggf meiden, getrennte Schlafzimmer mit Schloß bei labilen Mitmenschen, Selbstbewusstsein stärken, elektronische Alarmsignalgeber, Funktionsjacken mit Spannung etc. Und ja, da bin ich voll dafür.

@Nova
Das 'zur Hölle' was damit zu tun, ob man unterstellt bekommt, ein Opfer zweimal zu stigmatisieren und das dann richtig zu stellen.

Mit Präventionsmaßnahmen schränkt man die eigene Freiheit ein, erspart sich dafür möglicherweise ein Leid. Ein verschärftes Gesetz bringt einem aber auch nicht die Unversehrtheit, sondern nur Genugtuung hinterher - möglicherweise. Vielleicht bringt es, nähme man mal an, dass sexuelle Übergriffe genau so hart geahndet werden wie Mord oder Totschlag, dass man als Opfer hinterher vielleicht gar keine Anzeige stellen kann, weil der schuldige Täter so kein redendes Opfer mehr hinterlässt.
Leitet gerade;
G7-Gruppe 190h
MR-Gruppe 890h

Benutzeravatar
Alecto
Posts in topic: 1
Beiträge: 12999
Registriert: 27.08.2003 16:16

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Alecto »

Ich habe mir lange überlegt ob ich zu diesem Thema etwas schreiben soll - Im Regelfall halte ich mich aus so etwas heraus. Es wird hier zwar sehr hitzig diskutiert, aber das meiste geht am eigentlichen Problem weit vorbei.
Durch das neue Gesetz wird sich nur in der Theorie etwas, in der Praxis aber nur sehr wenig ändern: Erklärend zusammengefaßt ist die neue Rechtsprechung z.B. hier. Wichtig dabei: Rechtsstaatliche Grundprinzipien werden hierdurch nicht angetastet oder aufgeweicht, was IMHO auch nicht geschehen sollte. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Es gibt keine Beweislastumkehr. "In dubio pro reo" besitzt auch noch seine Gültigkeit. Eine Verurteilung ist nur möglich wenn die Tat ausreichend bewiesen werden kann. Gerade in letzterem verbirgt sich das Hauptproblem im Sexualstrafrecht: Wie kann man beweisen ob tatsächlich eine Vergewaltigung vorlag?
In diesem Fall deckt sich die Statistik ziemlich gut mit meiner persönlichen Erfahrung. Beruflich habe ich unfreiwillig gelegentlich mit dem Thema zu tun wenn mir Rettungsdienst und Polizei wieder einmal fragliche Vergewaltigungsopfer und -täter in die Notaufnahme karren. Einige davon treffe ich dann Monate später als sachverständiger Zeuge vor Gericht wieder. Im wesentlichen erkennt man grob drei verschiedene Kategorien:
  1. Sexuelle Gewalt im Rahmen häuslicher Gewalt
    Hier wird das neue Gesetz reichlich wenig ändern, weil erfahrungsgemäß diese Taten, auch wenn sie noch so eindeutig sind, nicht zur Anzeige gebracht werden. Wenn nicht ursprünglich die Polizei involviert war, so zeigen die Opfer selbst so etwas erschreckend selten an. Trotz psychologischen Betreuungsangeboten, Tonnen von Infomaterial, Angeboten von Beratungsvermittlung bei Polizei/Frauenhaus/Selbsthilfegruppen entscheidet sich dise Opfergruppe in den allermeisten Fällen erfahrungsgemäß dagegen rechtliche Schritte einzulegen, auch wenn sie von Partner/Lebensgefährt grün und blau gedroschen wurden. Das neue Gesetz ändert daran praktisch nichts.
  2. Der Vorfall beim Feiern
    Das sind Fälle die typischerweise freitags oder samstags nachts aufschlagen. Die Polizei ist im Regelfall schon involviert und geht dem auch entsprechend nach. Das Problem: Fragliches Opfer und fraglicher Täter sind fast immer stark alkoholisiert, auf einem Drogentrip oder beides. Im Laufe der Befragung/Untersuchungen bekommen die Personen, die sich damit befassen müssen (Arzt, Pflege, Polizei) meist von ein und derselben Person mehrere unterschiedliche, oft sehr schwammige Varianten des Vorfalles zu hören. Sind mehrere Personen dabei, dann steigt die Anzahl verschiedener Varianten nochmals stark an. Selbst wenn man penibel alle Untersuchungen durchzieht und brav alle typischen Befunde sammelt, so steht man am Ende meist da und muß sagen: "Ich habe keinen Schimmer was genau sich da genau ereignet hat." Ein paar Monate später bei Gericht merkt man dann meist, daß es den Juristen ganz genauso geht. Auch hier wird das neue Gesetz nicht wirklich etwas ändern.
  3. Der Rest
Kategorie 1+2 machen hierbei meiner Erfahrung nach weit über 90% der Fälle aus: Die einen wollen die Tat überhaupt nicht anzeigen, bei den anderen ist der Vorfall so gewaltig schwammig daß man sich schwer tut überhaupt irgendetwas zu beweisen. Daher wird IMHO durch die neue Gesetzgebung sich kaum etwas ändern. Daß diese Probleme juristischerseits nicht gelöst werden können, das gestehen auch die Verantwortlichen für die Gesetzesänderung ein.
祇園精舎の鐘の聲、
諸行無常の響あり。
娑羅雙樹の花の色、
盛者必衰のことわりをあらはす。
おごれる人も久しからず、
唯春の夜の夢のごとし。
たけき者も遂にほろびぬ、
偏に風の前の塵に同じ

Benutzeravatar
Mr.Trikorder
Posts in topic: 10
Beiträge: 150
Registriert: 18.07.2013 22:03

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

Schmeißen wir nochmal mehr Feuerholz nach:

Mich überrasch bis jetzt am meisten, das einer der verbreitetsten Kritiken noch garnicht aufgetaucht ist:

Das neue Gesetzt sieht einen Strafbestand vor, bei dem eine vollständige Gruppe für die Tat eines Einzelnen belangt werden kann. Das ist nach weitläufiger Auffassung sogar Verfassungswidrig!

Abgesehen von den möglichen moralischen Verfänglichkeiten, die mit so einem Strafbestand einhergehen, könnte unter Umständen das ganze Gesetzt vom BVG verworfen werden ...

Leider kann ich grad keine Originaltexte dazu finden ... ich guck später nochmal nach, oder vielleicht hat ja jemand schonmal nachgelesen und wär so freundlich, das zu posten???

Thargunitoth
Posts in topic: 13
Beiträge: 1651
Registriert: 12.09.2011 22:27

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Mr.Trikorder hat geschrieben:
Das neue Gesetzt sieht einen Strafbestand vor, bei dem eine vollständige Gruppe für die Tat eines Einzelnen belangt werden kann. Das ist nach weitläufiger Auffassung sogar Verfassungswidrig!

Abgesehen von den möglichen moralischen Verfänglichkeiten, die mit so einem Strafbestand einhergehen, könnte unter Umständen das ganze Gesetzt vom BVG verworfen werden ...
Sehe ich nicht als Problem. Wenn man durch seine Anwesenheit bzw. durch passiven Beistand eine Straftat mitermöglicht, sollte man dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Benutzeravatar
Mr.Trikorder
Posts in topic: 10
Beiträge: 150
Registriert: 18.07.2013 22:03

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

Jackpot, habs doch noch gefunden, der Originaltext!

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/053/1805384.pdf

Sollte jeder hier gelesen haben, finde ich. Leider hab ich den Link grade eben erst wiedergefunden ...

Benutzeravatar
sagista
Posts in topic: 9
Beiträge: 2852
Registriert: 29.03.2005 09:45

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von sagista »

Jadoran hat geschrieben:Doch, genau das ist es. Eine Straftat muss in einem Rechtsstaat klar definiert und beweisbar sein bevor sie bestraft wird. Wenn eine bloße Behauptung ausreicht, dann können wir auch gleich "verbotene Zauberei" wieder in den Straftatenkatalog aufnehmen.
Die Straftat ist doch genau definiert. Ich meine, natürlich kann man versuchen, den Begriff "entgegen des erkennbaren Willens" bis ins Lächerliche verballhornen oder auf BDSM verweisen, aber man kann es auch einfach lassen.

Wer nicht im Stande ist zu erkennen, dass sein Gegenüber gerade keinen Sex mit ihm haben möchte, der sollte sich fragen, was mit ihm nicht stimmt. So schwer ist das wirklich nicht zu erkennen.
Spätestens wenn man energisch weggeschoben wird oder einfach "Nein" oder "Lass das jetzt" gesagt wird, hat Feierabend zu sein. Und das kann halt auch mitten im Liebesspiel selbst passieren. Wer das nicht wahrnehmen kann oder will, hat etwas Essentielles nicht verstanden, nämlich dass es beim Sex nicht in erster Linie um den eigenen Lustgewinn geht.

(Gerade DSA-Spieler, die ja i. d. R. mit dem Gegensatz Rahja - Belkelel hinreichend vertraut sind, sollten das verstehen können.)

Natürlich können Mißverständnisse auftreten, man kann Signale falsch verstehen, man kann betrunken sein oder was weiß ich was für Situationen eintreten können; insbesondere One-Night-Stands sind ja für sowas prädestiniert. Aber wer dann ein entschiedenes Nein nicht verstehen kann oder will, der sollte solche Situationen meiden.

Im Übrigen reicht die bloße Behauptung tatsächlich immer noch nicht aus. Ich verweise da auf Alectos Text. Die Beweisbarkeit wird nachwievor schwierig bleiben.
Jadoran hat geschrieben:Wenn Du niemand kennst, der wegen falscher Verdächtigungen sein Leben verloren hat: Wie schön für Dich. Andern geht es anders. Diverse nachgewiesene Fälle wurden hier verlinkt. Die Folgen für die Täterinnen sind viel zu milde.
Was soll eigentlich diese unterschwellige Aggressivität?
Ich weiß, dass es Leute gibt, die zu Unrecht verdächtigt und sogar verurteilt wurden. Trotzdem ist das kein valides Argument. Wäre die Mißbrauchsmöglichkeit eines Gesetzes Argument für seine Abschaffung, könnte man das StGB ganz in die Tonne hauen, weil man fast für jedes Verbrechen falsch verdächtigt werden und verurteilt werden kann. Es gibt Leute, die sitzen bzw. saßen unschuldig wegen Mordes in Haft. Oder wegen Kindesmißbrauch. Da haste wahrscheinlich richtig Spaß im Knast. Aber trotzdem bestehen die Gesetze und das ist gut so. Nicht die Gesetze sind das Problem, sondern die Rechtsprechung. Treten Gesetzeslücken zu Tage, handelt der Gesetzgeber, so wie hier geschehen.
Nimmerland hat geschrieben:Ich bin selbst vor kurzem öffentlich des (psychischen) Missbrauchs beschuldigt worden - das sitzt mir immer noch tief in den Knochen, obwohl es eine vergleichsweise milde Anschuldigung war und dazu wirklich hanebüchen. Man steht einfach ohnmächtig daneben, wenn sich Leute bewusst oder sogar unbewusst in die Opferrolle konstruieren und jede Erwiderung abblocken. Ich kenne auch mehr Fälle von durch Anschuldigung 'vernichteter' Existenzen als durch Vergewaltigungen - letztere sind aber wie gesagt leider tabuisierter. Es geht mir aber nicht darum, ein ernstes Problem mit einem anderen zu relativieren - beide müssen dringend gelöst werden.
Ich hoffe, dass sich in deinem Fall die Wahrheit herausgestellt hat. Natürlich ist die falsche Verdächtigung ein ernstes Problem, das habe ich ja auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Und ich stimme dir zu, dass man das eine Problem nicht mit dem anderen relativieren versuchen sollte. Man sollte eine erwiesene falsche Verdächtigung mit der zu erwartenden Strafe des beschuldigten Verbrechens ahnden.
Jadoran hat geschrieben:Gewalt von Frauen gegen Männer, verbal und physisch ist gesellschaftlich immer noch in weiten Kreisen akzeptiert, männliche Gewalt gegen Frauen dagegen absolut geächtet. Das hat längst eine Schieflage ergeben, die viele Frauen einfach nicht wahrnehmen (wollen) und ausnützen. Die Hemmschwelle von Frauen, gegen Männer gewaltätig zu werden, ist sehr viel niedriger als umgekehrt, denn sie wissen, dass der Mann im Regelfall nicht zurückschlägt, ja sich noch nicht einmal beklagen darf.
Reden wir hier über Sexualverbrechen oder über Körperverletzungen?
Und dass Gewalt von Frauen gegen Männer gesellschaftlich akzeptiert sei, möchte ich einfach mal als Unsinn bezeichnen. Vielleicht ist dieses Problem nicht auf dem Radar, das kann gut sein, aber von gesellschaftlicher Akzeptanz kann überhaupt keine Rede sein.
Der Wanderer hat geschrieben:Ich weiß, es geht euch um eventuelle Gefahrenreduktion. Und möglicherweise funktioniert es teils tatsächlich, wenn man als Frau in Sack und Asche und möglichst unattraktiv herüberkommt. (Wohlgemerkt: in manchen Fällen. Oft genug ist das egal.) Aber was ist denn dann die Konsequenz? Dass Frauen dann am besten tatsächlich auf "aufreizende" Kleidung verzichten sollen?

Das geht mir völlig in die falsche Richtung. Aus verschiedensten Gründen. Zum einen schafft es eben durchaus den Gedanken, dass man falsch gekleidet war und deswegen irgendwie doch eine Teilschuld hat. Zum anderen unterstützt es die Idee des Mannes als brünstiges Tier, das halt nur ein paar nackte Reize braucht, bevor es austickt. (Etwas übertrieben dargestellt, aber in die Richtung geht es.) Beides empfinde als grundfalsch.
Ich finde, das ist ein absolut wichtiger Punkt.
Ich sage in solchen Diskussionen immer, dass sich grundsätzlich jeder Mann im Griff haben muss, selbst wenn eine splitternackte Frau vor ihm rumspringt. Der Geist siegt über den Körper. So sollte es sein, ist es aber leider nicht. Aber wenn man anfängt zu akzeptieren, bzw. es wieder beginnt zu akzeptieren, dass der Mann von aufreizender Kleidung so provoziert wird, dass er nur noch an Sex denken kann, dann ist das ein schwerer kultureller Rückschritt, den ich nicht akzeptieren möchte.

Gleichwohl versucht man natürlich, riskante Situationen zu vermeiden. So ist es bei uns z. B. so, dass wir grundsätzlich abends, wenn wir irgendwo eingeladen sind, mit dem Auto fahren. Kann ich halt nichts trinken, oh Graus. Aber meine Frau und ich kommen sicher nach Hause, das ist mir dann wichtiger. Auch hole ich sie eher irgendwo ab, als dass ich sie alleine nachts Bahn fahren lassen würde. Gefahrenreduzierung halt. Ich mag garnicht dran denken, wie es wäre, wenn ich eine Tochter hätte...

Hochachtung an alle Eltern, die sich da im Griff haben!
Mr.Trikorder hat geschrieben:Das neue Gesetzt sieht einen Strafbestand vor, bei dem eine vollständige Gruppe für die Tat eines Einzelnen belangt werden kann. Das ist nach weitläufiger Auffassung sogar Verfassungswidrig!
Da gehen die Meinungen wohl auseinander.
Aber wir brauchen ja eine mögliche Handhabe für solche Übergriffe wie Silvester. Sexuelle Nötigung aus der Gruppe heraus ist bislang ja ein relativ gefahrloses Geschäft, wenn das Opfer genau sagen muss, wer wann was gemacht hat. Und hat dann noch mehrere Aussagen gegen sich. Das als Gemeinschaftsdelikt zu ahnden, ist richtig!

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

sagista hat geschrieben:Treten Gesetzeslücken zu Tage, handelt der Gesetzgeber, so wie hier geschehen.
Und genau hier liegt doch das Problem. Der neue Gesetzestext bringt null. Er ist genau so schwammig wie die die alte Version. Er schließt keine Schutzlücke. Was heißt denn "...der entgegenstehende Wille des Opfers erkennbar zum Ausdruck gebracht worden ist"? Wann ist denn der Wille erkennbar? Und ab wie viel Promille ist es nicht mehr der Fall? Grade wenn nicht nur auf Opferseite, sondern auch auf Täterseite Alkohol und Drogen im Spiel sind schafft man hier im schlimmsten Fall Präzedenzfälle für Freibriefe. Einfach hinterher ne halbe Flasche Wodka kippen, sich schnappen lassen, Alkotest und dann auf unzurechnungsfähig machen. Der einzige Effekt diese unsinnigen Kampagne ist das die öffentliche Stimmung aufgeheizt wird, was letztendlich die Objektivität der Richter und Richterinnen gefährdet und dazu führen kann das im Zweifel eben doch gegen den Angeklagten entschieden wird.
Im Übrigen reicht die bloße Behauptung tatsächlich immer noch nicht aus. Ich verweise da auf Alectos Text. Die Beweisbarkeit wird nachwievor schwierig bleiben.
Der Rechtsgrundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" heißt nicht zwingend das die Schuld zweifelsfrei bewiesen sein muss. Es ist einem Richter in einem Fall wo Aussage gegen Aussage steht auch einfach möglich eine Verurteilung auszusprechen wenn er der Klägerin glaubt. Sonst wäre es nie zu Fehlurteilen gekommen wie sie weiter vorne im Thread von mir aufgeführt wurden. Wie im Fall von Horst Arnold. Das in Verbindung mit der Gesetzesänderung und dem Lohfink-Urteil aufgeheizten Stimmung, mir grauts. Denn auch Richter sind nur Menschen, und deren Objektivität kann ebenfalls durch derart hochgekochte öffentliche Debatten beeinflusst werden. Ich möchte jedenfalls nicht in den nächsten Monaten unschuldig auf der Anklagebank sitzen, da kann man sich ja am Besten jetzt schon den Strick nehmen.

Eulenspiegel
Posts in topic: 7
Beiträge: 4822
Registriert: 15.04.2005 13:32

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Unzurechnungsfähigkeit wegen Alkohol gibt es jetzt bereits. Das ist kein Zustand, der durch das neue Gesetz neu geschaffen wird.

Und soweit ich weiß, ist es jetzt bereits so, dass es strafbar ist, wenn man sich für das Ziel betrinkt, im unzurechnungsfähigen Zustand eine Straftat zu begehen. Auch daran ändert das neue Gesetz nichts.

Benutzeravatar
sagista
Posts in topic: 9
Beiträge: 2852
Registriert: 29.03.2005 09:45

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von sagista »

Das habe ich doch geschrieben.
Wie soll der Wille denn nicht erkennbar sein?
Was gibt es an "Nein", "Lass das" oder ähnlichem nicht zu verstehen?

Dass die Einschätzung von möglichen Sexualstraftaten sehr schwierig ist, insbesondere wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind, ist bekannt und wird nicht bestritten. Nur lässt sich das leider nicht ändern. Auch bringt das Gesetz jetzt nicht alles in Ordnung, aber im Rahmen dessen, was ein Gesetz in diesem Fall leisten kann, ist mMn das Notwendige und Mögliche geschafft worden. Wie sollte denn ein Gesetz deiner Meinung nach aussehen?

Niemand will unschuldig auf der Anklagebank sitzen. Das wissen wir alle. Aber Fehlurteile wird kein Gesetz der Welt verhindern können. Das ist ein Problem der Rechtsprechung und wo Menschen arbeiten geschehen Fehler. Das ist für die Betroffenen grausam. Ja. Grausam ist es auch, wenn Vergewaltiger freigesprochen werden. Das lässt sich nicht ändern. Deswegen hilft das ganze Polemisieren auch nicht.

Oder glaubst du wirklich, dass die Gefahr für dich, Opfer einer falschen Verdächtigung zu werden, mit der Gesetzesänderung gestiegen ist, wenn ja, wieso?

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Eulenspiegel hat geschrieben:Unzurechnungsfähigkeit wegen Alkohol gibt es jetzt bereits. Das ist kein Zustand, der durch das neue Gesetz neu geschaffen wird.
Ja, aber die Formulierung mit dem erkennbaren Willen macht es in einem solchen Fall einfacher damit zu Argumentieren.
Eulenspiegel hat geschrieben:Und soweit ich weiß, ist es jetzt bereits so, dass es strafbar ist, wenn man sich für das Ziel betrinkt, im unzurechnungsfähigen Zustand eine Straftat zu begehen. Auch daran ändert das neue Gesetz nichts.
Und wie beweist man das der Alkoholspiegel mit dieser Absicht hoch getrieben wurde und nicht vom harten Feiern stammt? Wie Alecto geschrieben wurde passieren viele Vergewaltigungen im Kontext von Partys mit reichlich Alkoholgenuss.
sagista hat geschrieben:Das habe ich doch geschrieben.
Wie soll der Wille denn nicht erkennbar sein?
Was gibt es an "Nein", "Lass das" oder ähnlichem nicht zu verstehen?
Verzeihung, aber diese Fragen sind ziemlich naiv. Ein Stoppschild ist eigentlich auch eine klare Sache, trotzdem werden die findigsten und verrücktesten Auslegungen ins Feld geworfen um einer Strafe zu entgehen. Oder den Mandanten vor einer Strafe zu bewahren. Richter haben es da oft mit ziemlicher Dreistigkeit zu tun.
sagista hat geschrieben:Oder glaubst du wirklich, dass die Gefahr für dich, Opfer einer falschen Verdächtigung zu werden, mit der Gesetzesänderung gestiegen ist, wenn ja, wieso?
Das es imho zu einer höheren Falschverurteilungsquote durch den öffentlichen Druck kommen kann habe ich oben bereits geschrieben. Und eine hohe Erfolgsquote zieht immer Nachahmer an. Die Kausalität ist nun wirklich einfach.
Ich sorge mich dabei weniger um falsche Beschuldigungen innerhalb einer Partnerschaft, sondern eher um aus der Luft gegriffene Anschuldigungen zu Karrierezwecken.

Benutzeravatar
sagista
Posts in topic: 9
Beiträge: 2852
Registriert: 29.03.2005 09:45

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von sagista »

Frater Tiberius hat geschrieben:Verzeihung, aber diese Fragen sind ziemlich naiv. Ein Stoppschild ist eigentlich auch eine klare Sache, trotzdem werden die findigsten und verrücktesten Auslegungen ins Feld geworfen um einer Strafe zu entgehen. Oder den Mandanten vor einer Strafe zu bewahren. Richter haben es da oft mit ziemlicher Dreistigkeit zu tun.
Tut mir leid, ich verstehe die Antwort nicht.
Was willst du mir damit sagen?

Wie dann irgendwelche Winkeladvokaten ihre Mandanten raushauen wird man dann sehen, aber da befinden wir uns wieder im Bereich der Rechtsprechung.
Frater Tiberius hat geschrieben:Das es imho zu einer höheren Falschverurteilungsquote durch den öffentlichen Druck kommen kann habe ich oben bereits geschrieben. Und eine hohe Erfolgsquote zieht immer Nachahmer an. Die Kausalität ist nun wirklich einfach.
Ich sorge mich dabei weniger um falsche Beschuldigungen innerhalb einer Partnerschaft, sondern eher um aus der Luft gegriffene Anschuldigungen zu Karrierezwecken.
Richter, die öffentlichem Druck nicht standhalten, haben ihren Beruf verfehlt. Ich glaube da ehrlich gesagt nicht dran. Nehmen wir das aktuelle Beispiel, bei dem zwei Täter aus der Silvesternacht zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt wurden. Die öffentliche Meinung verlangt da wesentlich härtere Strafen. Hast du irgendwelche Indizien, die für deine, wie ich finde, abenteuerliche These sprechen.

Deine Sorgen um falsche Anschuldigungen zu Karrierezwecken kann ich nicht einschätzen. Ich vermute, die generiert sich aus deinem beruflichen Umfeld? Aber in wie weit wird die nun verschärft?

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

sagista hat geschrieben: Tut mir leid, ich verstehe die Antwort nicht.
Was willst du mir damit sagen?
Wie dann irgendwelche Winkeladvokaten ihre Mandanten raushauen wird man dann sehen, aber da befinden wir uns wieder im Bereich der Rechtsprechung.
Ich dachte du meinst die juristische Seite. Was es im Bett an "Nein", "Stopp", "Halt", "Lass das" oder gleichwertigen Aussagen nicht zu verstehen gibt weis ich auch nicht, da müsstest du andere Leute fragen. Ich bin da im Gegenteil eher übertrieben höflich, ich habe sogar schon mal sinngemäß gehört "red nicht so viel, mach einfach!".
sagista hat geschrieben:Richter, die öffentlichem Druck nicht standhalten, haben ihren Beruf verfehlt. Ich glaube da ehrlich gesagt nicht dran. Nehmen wir das aktuelle Beispiel, bei dem zwei Täter aus der Silvesternacht zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt wurden. Die öffentliche Meinung verlangt da wesentlich härtere Strafen. Hast du irgendwelche Indizien, die für deine, wie ich finde, abenteuerliche These sprechen.
Diese beiden Täter wurden nicht nach dem neuen Gesetz verurteilt, dieses ist ja erst diese Woche beschlossen worden. Sie wurden verurteilt aufgrund des alten Gesetzes, das ja angeblich nicht ausreichend für solche Fälle ist und nachgebessert werden muss. Also was nun? Reicht das alte Gesetz doch aus? Oder wurde es vielleicht durch den öffentlichen Druck besonders streng ausgelegt? Wir werden sehen ob es da Revisionsanträge und -verhandlungen geben wird und falls ja, wie diese dann ausgehen. Und ich glaube nicht das ich Beweise dafür anführen muss das Richter Menschen sind und dementsprechend beeinflusst werden können.
Mein berufliches Umfeld ist in Ordnung, aber ich kann ja noch nicht genau wissen wo ich einem Jahr oder fünf Jahren stehe. Der Arbeitsmarkt ist zwar nominell entspannter als je zu vor, aber grade im akademischen Bereich wurden die Ellenbogen in den letzten 20 Jahren immer wichtiger.

Benutzeravatar
sagista
Posts in topic: 9
Beiträge: 2852
Registriert: 29.03.2005 09:45

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von sagista »

Frater Tiberius hat geschrieben:Ich dachte du meinst die juristische Seite. Was es im Bett an "Nein", "Stopp", "Halt", "Lass das" oder gleichwertigen Aussagen nicht zu verstehen gibt weis ich auch nicht, da müsstest du andere Leute fragen. Ich bin da im Gegenteil eher übertrieben höflich, ich habe sogar schon mal sinngemäß gehört "red nicht so viel, mach einfach!".
Worüber streiten wir denn dann?
Ich sagte doch sinngemäß, dass derjenige, der dann den eindeutig erkennbaren Willen ignoriert, sich fragen muss, was mit ihm nicht stimmt. Und wenn nun einige durch das neue Gesetz zum Nachdenken kommen, gut so, Zeit wurds ja offensichtlich.
Frater Tiberius hat geschrieben:Diese beiden Täter wurden nicht nach dem neuen Gesetz verurteilt, dieses ist ja erst diese Woche beschlossen worden. Sie wurden verurteilt aufgrund des alten Gesetzes, das ja angeblich nicht ausreichend für solche Fälle ist und nachgebessert werden muss. Also was nun? Reicht das alte Gesetz doch aus? Oder wurde es vielleicht durch den öffentlichen Druck besonders streng ausgelegt? Wir werden sehen ob es da Revisionsanträge und -verhandlungen geben wird und falls ja, wie diese dann ausgehen. Und ich glaube nicht das ich Beweise dafür anführen muss das Richter Menschen sind und dementsprechend beeinflusst werden können.
Bei der Medienberichterstattung und der Emotionalität, mit der das Thema Silvester-Übergriffe diskutiert wird ist dieses Urteil ein offensichtlicher Beleg dafür, dass sich die Richter eben nicht durch die öffentliche Meinung beeinflussen lassen.
Frater Tiberius hat geschrieben:Mein berufliches Umfeld ist in Ordnung, aber ich kann ja noch nicht genau wissen wo ich einem Jahr oder fünf Jahren stehe. Der Arbeitsmarkt ist zwar nominell entspannter als je zu vor, aber grade im akademischen Bereich wurden die Ellenbogen in den letzten 20 Jahren immer wichtiger.
Das ist richtig, aber nochmal die Frage, in wieweit die Gesetzesänderung nun für dich vermeintlich das Risiko erhöht, zu Unrecht der Vergewaltigung bezichtigt zu werden?

Benutzeravatar
Lanzelind
Posts in topic: 2
Beiträge: 16884
Registriert: 26.08.2003 22:42
Wohnort: bei Limburg
Geschlecht:
Kontaktdaten:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Lanzelind »

Mein berufliches Umfeld ist in Ordnung, aber ich kann ja noch nicht genau wissen wo ich einem Jahr oder fünf Jahren stehe. Der Arbeitsmarkt ist zwar nominell entspannter als je zu vor, aber grade im akademischen Bereich wurden die Ellenbogen in den letzten 20 Jahren immer wichtiger.
Verstehe ich das richtig? Du hast also Angst, du könntest irgendwann eventuell einmal von einer Frau (die dadurch ihre Karriere fördern will) fälschlicherweise der sexuellen Belästigung bezichtigt werden? Obwohl akut zu dieser Annahme nicht wirklich Grund besteht?
Ich meine, die Gefahr, auf Charakterschweine (männliche wie weibliche) zu treffen besteht in jedem Umfeld. Unabhängig von irgendwelchen Gesetzen ...

Benutzeravatar
Nova
Posts in topic: 11
Beiträge: 1788
Registriert: 14.05.2005 14:04

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nova »

BenjaminK hat geschrieben:Ein verschärftes Gesetz bringt einem aber auch nicht die Unversehrtheit, sondern nur Genugtuung hinterher
Das ist durchaus was. Ich bin absolut ein Verfechter des Vergeltungsprinzips. Aber davon abgesehen gibt es natürlich auch die Abschreckungswirkung von Gesetzen, und wie gesagt wird diese gesteigert, wenn es konsistent, konsequent und stets Strafen gibt, und dabei hilft natürlich eine konsequentere legale Definition von Vergewaltigung.

Das was du hier verfechtest führt letztendlich nur dazu dass man potentiellen Gewalttätern gesellschaftliche Räume überlasst. Frauen sollen sich "aus Vorsicht" aus diesen Räumen zurück ziehen, und sie werden anstatt dessen den Raubtieren überlassen. Damit stärkt man doch nur die gesellschaftliche Akzeptanz von sexueller Gewalt gegenüber Frauen (und gegenüber Männern).

Das heißt, gesamtgesellschaftlich gesehen bringt es genau das Gegenteil von dem was du sagst.

Benutzeravatar
Mr.Trikorder
Posts in topic: 10
Beiträge: 150
Registriert: 18.07.2013 22:03

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

sagista hat geschrieben: Und dass Gewalt von Frauen gegen Männer gesellschaftlich akzeptiert sei, möchte ich einfach mal als Unsinn bezeichnen. Vielleicht ist dieses Problem nicht auf dem Radar, das kann gut sein, aber von gesellschaftlicher Akzeptanz kann überhaupt keine Rede sein.
Ich woll mich ja hier eigentlich raus halten ... aber ... tut mir leid, die Aussage finde ich zum kotzen ...

Es ist nunmal so, dass Männer, die von Frauen angegriffen werden nicht ernst genommen werden und Frauen, die von Männern angeriffen werden sofort bemitleidet werden. Der Kontext spielt dabei nicht die geringste Rolle.

Beispiel:
Eine Frau wir handgreiflich und der Mann wehrt sich. Die Frau wird sofort Unterstützer finden, die dem Mann Gewaltanwendung vorwerfen. Der Mann wird belacht, weil ihn eine Frau geschlagen hat. Selbst nach Beweis, dass die Frau zuerst handgreiflich wurde wird dem Mann vorgeworfen sich gegen eine 'schwächere Frau' zu wehr zu setzen sei unverhältnismäßig und daher sei der Mann schulding gewaltätig geworden zu sein.

Findest du das allen Ernstes Unsinn? Meinst du wirklich soetwas könne in unserer Gesellschaft nicht passieren???

Benutzeravatar
sagista
Posts in topic: 9
Beiträge: 2852
Registriert: 29.03.2005 09:45

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von sagista »

An welcher Stelle genau habe ich behauptet, so etwas könne in unserer Gesellschaft nicht passieren?

Möglicherweise haben wir unterschiedliche Vorstellungen davon, was gesellschaftliche Akzeptanz bedeutet. Ich verstehe darunter, dass es allgemein akzeptiert wird, sowohl gesellschaftlich als auch juristisch, dass z. B. Frauen in der Ehe vergewaltigt werden dürfen, so wie es noch vor garnicht allzu langer Zeit auch hier in Deutschland war. Davon, dass es allgemein anerkannt ist, dass Frauen Männer verprügeln ist mir nichts bekannt.

Ich möchte nicht mißverstanden werden, Gewalt von Frauen gegen Männer ist genauso verwerflich wie umgekehrt. Dass nicht wenige meinen, sich über Männer lustig machen zu müssen, die von Frauen verprügelt werden, ja, gibt es und ist inakzeptabel. Und auch wenn es sich einige vorstellen können, es ist auch für Frauen möglich, einen Mann gegen dessen Willen zum Geschlechtsverkehr zu zwingen.

Aber trotzdem ist und bleibt es so, dass gerade im Bereich der Sexualstraftaten Männer überproportional häufig Täter sind und Frauen überproportional häufig Opfer. Das war immer so, das ist noch immer so und das wird wahrscheinlich auch in Zukunft zu bleiben. Und da ich das zum Kotzen finde, werde ich auch weiter so argumentieren. Die Gewalt von Männern gegenüber Frauen ist das größte Übel unserer Gesellschaften, egal ob wir jetzt über Europa, Asien, Amerika oder Afrika reden. Und deswegen nervt es mich einfach, wenn ständig die Geschichten von - ich übertreibe jetzt bewusst - männerfressenden Furien aufgetischt werden. Sowas gibt es, ja, und das ist weder zu akzeptieren noch zu bagatellisieren oder gar lächerlich zu machen, aber es ist dennoch quantativ vergleichsweise eher selten.

Benutzeravatar
Mr.Trikorder
Posts in topic: 10
Beiträge: 150
Registriert: 18.07.2013 22:03

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

@sagista:
Klar! Du hast definitiv nicht gesagt, mein Beispiel könne so nicht passieren, aber das Beispiel ist ja auch recht speziell, nicht wahr?

Wo du das sagst, gibt mein Zitat ziemlich genau wieder. Im größeren Kontext deines Posts wird die Sache noch viel klarer. Du fragst ja selber sogar noch nach, ob wir jetzt von Körperverletzung reden. Zudem hat Jadorem von Gewaltanwendung, nicht Vergewaltigung geredet und dein eigener Wortlaut ist Gewalt nicht Vergewaltigung. Plötzlich sollst du dich ausschließlich nur auf Vergewaltigungen bezogen haben?

Das kauf ich so dir schlichtweg nicht ab ...

Um noch einen drauf zu setzten:
Ob Gewalt/Vergewaltigung an Männern seltener ist, sollte nun wirklich keine Rolle spielen. Das Verbrechen ist das gleiche! Du machst da grade ziemlich deutlich, dass du dich wegen männlicher Straftäter mehr ärgerst als wegen Weiblicher ... und das ist gelinde gesagt ziemlich scheinheilig!

Jadoran
Posts in topic: 12
Beiträge: 10920
Registriert: 14.11.2014 10:06

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Es kam da letzte Tage ein wunderbar belegtes Beispiel zur gesellschaftlichen Akzeptanz weiblicher Gewalt. Hat jemand noch im Ohr/Auge, was Carla Bruni ganz unbefangen der Presse sagte... was sie mit ihrem Mann tun würde, wenn der untreu würde? Gab es Proteste oder einen #Aufschrei? Nein, gab es nicht. Ich habe keinen einzigen Kommentar gelesen, keine einzige ungläubige Nachfrage einer Journalistin. Nun stelle man sich mal vor Sarkozy hätte das über seine Frau gesagt...
Dreck vorbeischwimmen lassen

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

sagista hat geschrieben:Ich sagte doch sinngemäß, dass derjenige, der dann den eindeutig erkennbaren Willen ignoriert, sich fragen muss, was mit ihm nicht stimmt. Und wenn nun einige durch das neue Gesetz zum Nachdenken kommen, gut so, Zeit wurds ja offensichtlich.
Ich glaube nicht das durch die Neufassung des Gesetzes und die öffentliche Diskussion jetzt bei vielen der Schalter im Gehirn umgelegt wird und sie plötzlich merken das sie was Falsches tun. Aber hey, ich irre mich in dieser Hinsicht gerne, um so besser wäre es.
sagista hat geschrieben:Bei der Medienberichterstattung und der Emotionalität, mit der das Thema Silvester-Übergriffe diskutiert wird ist dieses Urteil ein offensichtlicher Beleg dafür, dass sich die Richter eben nicht durch die öffentliche Meinung beeinflussen lassen.
Bedeutet das dir ist das Strafmaß zu gering? Das Strafmaß entspricht dem Gesetz, die Richter sind daran gebunden. Wenn ein Richter das im Gesetz vorgesehene Strafmaß überschreitet wäre das Urteil ebenso unrecht.
Ich bleibe dabei, dieses Urteil wurde aufgrund einer Gesetzfassung gefällt die laut Vieler angeblich nicht ausreicht um die die Taten der Sylvesternacht zu verurteilen ("Grabschen ist straffrei", siehe weiter oben im Thread). Und da muss ich mich fragen ob die öffentliche Meinung nicht doch eine Rolle gespielt hat. Aber wie gesagt, wir werden sehen ob es da noch zur Revision kommt.
sagista hat geschrieben:aber nochmal die Frage, in wieweit die Gesetzesänderung nun für dich vermeintlich das Risiko erhöht, zu Unrecht der Vergewaltigung bezichtigt zu werden?
Postulat: Durch die Neufassung und den öffentlichen Druck kommt es zu mehr Verurteilungen. Daher kommt es auch automatisch zu mehr Falschverurteilungen.
Mehr Falschverurteilungen ist gleichbedeutend mir der Aussage das mehr KlägerInnen Erfolg mit ihrer unberechtigten Beschuldigung haben, zu welchem Zweck auch immer sie erhoben wurden.
Eine höhere Erfolgsquote zieht mehr Nachahmer an, damit kommt es zu mehr falschen Anschuldigungen.
Mehr falsche Anschuldigungen bei annähernd konstanter Bevölkerung erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Einzelnen von solchen Falschanschuldigungen betroffen zu werden.
Lanzelind hat geschrieben:Verstehe ich das richtig? Du hast also Angst, du könntest irgendwann eventuell einmal von einer Frau (die dadurch ihre Karriere fördern will) fälschlicherweise der sexuellen Belästigung bezichtigt werden?
Ja. Sowas ist schon passiert.
Lanzelind hat geschrieben:Obwohl akut zu dieser Annahme nicht wirklich Grund besteht?
Es mag unwahrscheinlich sein, aber es ist trotzdem möglich. Es haben auch viele Leute in Deutschland Angst bei Gewitter draußen zu sein und vom Blitz getroffen zu werden, obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür auch sehr gering ist. Oder Opfer eines islamistischen Terroranschlags zu werden, was in Deutschland noch gar nicht passiert ist.

Nimmerland
Posts in topic: 11
Beiträge: 592
Registriert: 11.01.2013 12:47
Wohnort: Berlin
Geschlecht:

Auszeichnungen

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nimmerland »

Die RichterInnen sind dieselben - und ich wage mal zu behaupten für genau diese Art von Missbrauch durchaus sensibilisiert. Die Unschuldsvermutung wird nicht ausgehebelt und ein Opfer muss nach wie vor Beweise liefern. Das heißt man ist immer noch recht gut geschützt.
Es gibt erstaunliche Parallelen zur Vergewaltigung - man muss mit Herabwürdigung, Ohnmacht und extremer Ungerechtigkeit emotional fertig werden. Selbst wenn die Klage keinen Erfolg hat (Und man kann ja durchaus Zeugen, Verletzungen, etc. arrangieren.) ist es genauso schwer, gegen den/die Anschuldigende/n vorzugehen. Selbst wird man einen Restverdacht wohl nie wieder los und die 'Opfer'-Seite wird das ganze so breit treten wie möglich. Da kriegt man schon Angst.

Hier der link zum Bruni-interview.
Das war wahrscheinlich als neckischer Witz gemeint, aber als Mann hätte sie sich den wohl nicht erlauben können.
Unheil angerichtet.

Firnblut
Posts in topic: 1
Beiträge: 1822
Registriert: 27.04.2011 19:35

Errungenschaften

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Firnblut »

Postulat: Durch die Neufassung und den öffentlichen Druck kommt es zu mehr Verurteilungen. Daher kommt es auch automatisch zu mehr Falschverurteilungen.
Mehr Falschverurteilungen ist gleichbedeutend mir der Aussage das mehr KlägerInnen Erfolg mit ihrer unberechtigten Beschuldigung haben, zu welchem Zweck auch immer sie erhoben wurden.
Eine höhere Erfolgsquote zieht mehr Nachahmer an, damit kommt es zu mehr falschen Anschuldigungen.
Mehr falsche Anschuldigungen bei annähernd konstanter Bevölkerung erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Einzelnen von solchen Falschanschuldigungen betroffen zu werden.
Dann ist dein Problem doch gar nicht die aktualisierte rechtliche Deffinition der Vergewaltigung, sondern der öffentliche Umgang mit dem Thema, die mangelnde Souveränität der Gerichte (die sich nämlich von öffentlicher Meinung beeinflussen lassen).

Das Problem der Falschbeschuldigung und der oft fehlenden Möglichkeit einen Restverdacht auszuräumen besteht nicht nur im Rahmen von Vergewaltigungen.

Wenn das Problem bei der Einhaltung der Unschuldsvermutung liegt, dann sollte hier angesetzt werden.
Die gesellschaftlichen Folgen einer Falschbeschuldigung wären durch eine höhere Diskretion bis zu einer Verurteilung zu erreichen. Niemand müsste wissen, dass jemand der Vergewaltigung angeklagt ist, bevor Schuld oder Unschuld vom Gericht nicht festgelegt wurden.
Hier - oder bei dem gesellschaftlichen Umgang mit Angeklagten (es wird in einigen Bereichen einach oft vergessen, dass eine Anklage keine Schuld bedeutet) - müsste angesetzt werden.

Denn das Problem ist doch nicht der Wortlaut des Gesetzes, sondern der öffentliche Umgang mit der Problematik.

Es kann aber wohl niemand fordern, dass Gesetzestexte nicht optimal (d.i.: so, dass möglichst alle Straftaten, die hierunter fallen sollten auch vom Gesetzestext erfasst sind) formuliert werden, nur weil die Ausführung und der Umgang hiermit mangelhaft sein könnten.

Die Diskussion über Gesetz und Umgang muss ganz klar getrennt werden, weil die Probleme an anderen Stellen liegen.

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Nein, es ist nicht nur der gesellschaftliche Druck. Wie schon gesagt ist die Formulierung im neuen Gesetz schwammig, das allein birgt schon Risiken.

Nehmen wir folgenden hypothetischen Fall:
Der Ehemann kommt abends aus der Kneipe heim und ist der Meinung es wäre mal wieder an der Zeit die Ehe zu vollziehen. Die Ehefrau will nicht, aber erduldet es um den Familienzusammenhalt nicht zu gefährden. Sie sagt kein klares "Nein" sondern schluchzt nur leise in ihr Kopfkissen.
Es wurde schon von Anderen angeführt das die meisten Vergewaltigungen innerhalb der Familie passieren. Ebenfalls wurde angeführt das Frauen dabei oft nicht den Mut haben etwas zu sagen oder sich zu wehren. Der hypothetische Fall ist also nicht als der Luft gegriffen, ich behaupte sogar das dergleichen in Deutschland tagtäglich passiert.
Der Verkehr geschah hier gegen den Willen der Frau, aber geschah er gegen den erkennbaren Willen?
An dieser Formulierung werden sich unter Juristen noch lange die Geister scheiden. Es wird dauern bis sich eine sogenannte gängige Rechtsauffassung dazu etabliert hat auf die Richter sich in ihrer Entscheidung stützen können. Bis dahin sind sie zur Subjektivität verdammt. Deshalb habe ich nicht nur mit der öffentlichen Debatte ein Problem sondern mit dem Gesetzestext selbst.

Gesperrt