"Nein heißt nein"

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Nimmerland
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nimmerland »

Hier prallen zwei scheinbar widersprüchliche Grundängste aufeinander:

1. Die Angst davor, vergewaltigt zu werden und das Bedürfnis nach Schutz davor und harter Bestrafung (Bei Frauen verbreiteter)
2. Die Angst davor, (eventuell auch durch ein Urteil eines Gerichts) als Vergewaltiger dazustehen, obwohl man nichts getan hat (bei Männern verbreiteter).

Das Rechtssystem sollte so lange weiter optimiert werden, bis beiden Ängsten adäquat begegnet werden kann.

Die zweite Angst ist gesellschaftlich derzeit kein so großes Thema, (vielleicht weil Männer nicht gern über ihre Ängste reden?) Aber das diese Angst - auch hier - sehr emotional zum Thema gemacht wird, sagt auch aus, dass Vergewaltigung - unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage - dankenswerterweise heutzutage zu den verabscheuungswürdigsten Verbrechen überhaupt zählt, so dass man(n) dessen wirklich nicht bezichtigt werden möchte.
Schon der Verdacht vernichtet alles an gesellschaftlichem Ansehen und sorgt dafür, dass man z. B. einige Berufe nicht mehr ausüben kann.
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Salix Lowanger
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Salix Lowanger »

Nimmerland hat geschrieben:Die zweite Angst ist gesellschaftlich derzeit kein so großes Thema, (vielleicht weil Männer nicht gern über ihre Ängste reden?) Aber das diese Angst - auch hier - sehr emotional zum Thema gemacht wird, sagt auch aus, dass Vergewaltigung - unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage - dankenswerterweise heutzutage zu den verabscheuungswürdigsten Verbrechen überhaupt zählt, so dass man(n) dessen wirklich nicht bezichtigt werden möchte.
Schon der Verdacht vernichtet alles an gesellschaftlichem Ansehen und sorgt dafür, dass man z. B. einige Berufe nicht mehr ausüben kann.
Das ist sicherlich richtig. Die gleiche Argumentation -- also "jetzt sind ungerechtfertigte Anschuldigungen viel leichter" -- gab es aber auch schon bei der Einführung des Straftatbestands Vergewaltigung in der Ehe. Aber seitdem habe ich nichts von einer Flut von Anschuldigungen gelesen. Ich denke mal, das dürfte mit dieser Gesetzesänderung auch nicht anders werden.
Zuletzt geändert von Salix Lowanger am 07.07.2016 15:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Denderan Marajain
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Nova hat geschrieben:
Denderan Marajain hat geschrieben: Ich weiß ja nicht wie fähig die "Gesetzesbastler" in Deutschland sind aber bei uns in Österreich machen schon seit Jahren keine Juristen mehr die Gesetze sondern der Nationalrat inklusive "Experten". Dementsprechend schlecht sind sie auch ausformuliert...
"Handwerksfehler" passieren. Auch hier. Auch gerade bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes. Und ja, da können dann imperfekte Gesetze bei rauskommen. Aber das halte ich nicht für ein Argument: Das ist nur ein Argument wenn man davon ausgeht dass die Gesetze wie sie bisher sind ja eigentlich ganz gut sind. Und, err, das ist halt nicht immer der Fall. Dann lieber eine schludrige Reform als gar nichts.

Und am Rande: Deutschland hat, im Ganzen, achtmal mehr Einwohner als Österreich. Kommt es mir nur so vor, oder sind Österreicher in politischen Themen im Smalltalk "überrepräsentiert"? Spielen einfach mehr Österreicher DSA? :lol:
Du magst es als Handwerkfehler sehen ich nenne es Inkompetenz und ja die früheren Gesetze waren besser nur waren diejenigen die einige an die Besonderheiten der "Neuzeit" anpassen wollten einfach unfähig (nein ich meine nicht die Vergewaltigung)

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Denderan Marajain hat geschrieben:Ich weiß ja nicht wie fähig die "Gesetzesbastler" in Deutschland sind aber bei uns in Österreich machen schon seit Jahren keine Juristen mehr die Gesetze sondern der Nationalrat inklusive "Experten". Dementsprechend schlecht sind sie auch ausformuliert...
Da unterscheiden sich unsere zwei Republiken nicht großartig. Wir haben zwar durchaus eine Anzahl an Juristen im Bundestag sitzen, aber wenn man sich anschaut was da teilweise fabriziert wird könnte man zu dem Schluss kommen das dies nur die Inkompetenten sind bei denen es nicht für eine Kanzlei gereicht hat. Auch wenn dieser Schluss sicher alles andere als objektiv ist.

EDIT: Back to topic:
Die Aufschlüsselung in die zwei Grundängst von Nimmerland ist sehr schön. Ja, diese Grundangst der Männer besteht. Falsche Anschuldigungen können einen Menschen ebenso ruinieren wie eine Vergewaltigung. Selbst wenn vor Gericht die Unschuld festgestellt wird ist man gesellschaftlich erledigt. Die Unschuld festgestellt, das ist etwas anderes als ein einfacher Freispruch.

EDIT 2: Der Like von Salix Lowanger kam vor der ersten Editierung, bitte nicht fälschlich auf den zweiten Teil beziehen.
Zuletzt geändert von Benutzer 7553 gelöscht am 07.07.2016 15:56, insgesamt 2-mal geändert.

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Nova
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nova »

Wobei ja in der Regel nicht Abgeordnete oder Minister die Gesetze schreiben, sondern Experten in der Ministerialbürokratie. Oder im schlimmsten Fall Lobbyisten. Aber so oder so, wieviele Abgeordnete Juristen sind ist für diese Frage relativ unerheblich.

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Denderan Marajain
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Nova hat geschrieben:Wobei ja in der Regel nicht Abgeordnete oder Minister die Gesetze schreiben, sondern Experten in der Ministerialbürokratie. Oder im schlimmsten Fall Lobbyisten. Aber so oder so, wieviele Abgeordnete Juristen sind ist für diese Frage relativ unerheblich.
Selbsternannte Experten meintest du

Nimmerland
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nimmerland »

Insgesamt sollte man wohl feiern, das ein gewisses Problembewusstsein jetzt zumindest bei den Gesetzmachenden angekommen ist ~ aus den Argumenten hier und auch aus meinem Bauchgefühl heraus kann das allerdings nicht die letzte Gesetzesnovelle zu dem Thema sein.
Vor allem darf es nicht sein, dass so viele Fälle aus Scham unterm Tisch landen - das Thema muss weiter drastisch enttabuisiert werden. Wenn man offener darüber reden kann, sind auch bessere Gesetze leichter zu verabschieden.

edit: Es klingt vielleicht ein bisschen albern, aber eigentlich ist eine Unterschrift auf einem Dokument nichts, was viel wichtige Zeit kostet? Jedenfalls nicht mehr, als ein Kondom herauszukramen.
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Mr.Trikorder »

Eigentlich halt ich mich ja aus solchen diskussionen raus, aber ich hab hier grad nen StgB liegen ...

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__177.html, darum geht es hier, empfehle das erstmal zu lesen.

Fall 1 und 2 (gewalt und drohung) sind, glaube ich, relativ eindeutig. Wie der 3. zu deuten ist, da scheiden sich die Geister ... daher die Umformulierung.

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Salix Lowanger
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Salix Lowanger »

Frater Tiberius hat geschrieben:EDIT 2: Der Like von Salix Lowanger kam vor der ersten Editierung, bitte nicht fälschlich auf den zweiten Teil beziehen.
Ja, ich fand die Formulierung bei denen es nicht für eine Kanzlei gereicht hat ziemlich gut! :lol:
Nimmerland hat geschrieben:edit: Es klingt vielleicht ein bisschen albern, aber eigentlich ist eine Unterschrift auf einem Dokument nichts, was viel wichtige Zeit kostet? Jedenfalls nicht mehr, als ein Kondom herauszukramen.
Ich weiß ja nicht, wie du das machst, aber ich lese mir meistens recht genau durch, was ich unterschreibe. :censored:

Und ein Kondom lässt sich ins Liebesspiel einbauen, so ein Vertrag eher nicht. :wink:
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Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Ich stelle gerne meine Vordruck der Koitusrahmenvereinbarung zum download online. Aber, man verzeihe mir die derbe Sprache, wer so notgeil ist das er nach dem Durcharbeiten von 20 Seiten amateurhaftem Pseudo-Juristendeutsch noch erektionsfähig ist der sollte es im Bordell auf Rezept von der Krankenkasse bezahlt bekommen.

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Gorbalad
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Gorbalad »

Analog zu Rule 34 würde ich davon ausgehen, dass es Vertrags-FetischistInnen gibt.
"Eigentlich wäre <X> sehr <Y>, nur man hat daraus nichts gemacht" ist glaube ich die Quintessenz von DSA.

Tilim

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Tilim »

Gorbalad hat geschrieben:Analog zu Rule 34 würde ich davon ausgehen, dass es Vertrags-FetischistInnen gibt.
Dirty Talk:
"Ich unterschreibe gleich und zwar ohne das kleingedruckte zu lesen!" :lol:

Nimmerland
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nimmerland »

Ich stelle mir gerade ein paar Liebesgeschichten vor, in denen das Ganze dann mit eingebaut wird - Oh je...
Aber wenn es einmal so etabliert ist, wie das verzweifelte Nachkondomenkramen und jeder das kleine zu unterschreibende Blättchen kennt...?

edit: eine Menge Sicherheit für alle Beteiligten, die die Gesetze derzeit noch nicht bieten können. Imao wäre es das durchaus wert.
Zuletzt geändert von Nimmerland am 07.07.2016 16:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Nova
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nova »

Frater Tiberius hat geschrieben:Ich stelle gerne meine Vordruck der Koitusrahmenvereinbarung zum download online. Aber, man verzeihe mir die derbe Sprache, wer so notgeil ist das er nach dem Durcharbeiten von 20 Seiten amateurhaftem Pseudo-Juristendeutsch noch erektionsfähig ist der sollte es im Bordell auf Rezept von der Krankenkasse bezahlt bekommen.
Bitte. Wir sind hier im DSA-Forum. Da dürfte jeder nette Erinnerungen daran haben, in irgendwelchen Dokumenten die für den Spezialfall korekkte Tabelle zu suchen, oder sich über die Auslegung einer gewissen Textpassage zu streiten. ;)

Thargunitoth
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Ohh ja, das sind die sexuell am wenigsten erregenden Momente in meiner kompletten DSA-Zeit und die anderen sind zumeist auch nicht sexuell erregend.

Edit:
Die neue Gesetzgebung kann allerdings sehr viele Fälle zu Vergewaltigungen machen, die bisher nicht als solche gelten.

Wenn eine Frau beispielsweise eine Affäre hatte, währenddessen auch nur einmal "Nein" sagt, so kann sie am Tag darüber entscheiden ob die Nacht nun ein ONS oder eine Vergewaltigung war.

Dieser Artikel ist auch interessant: http://www.zeit.de/2016/28/sexualstrafr ... ettansicht

Ich selber habe mir darüber jedenfalls noch kein Urteil gebildet. Ich kenne die Sachlage und die Urteile der deutschen Justiz hierfür zu wenig. Die grundsätzliche Idee von "Nein heißt Nein" ist ja ganz gut, aber die Möglichkeit dieses Gesetz zu missbrauchen ist enorm, damit ist die Überlegung eine gemeinsame Einwillungserklärung für Sex zu unterschreiben, nicht mal soo albern wie es sich anhört.
Zuletzt geändert von Varana am 08.07.2016 14:48, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Doppelpost zusammengelegt.

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Talasha
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Talasha »

Das erinnert mich an die Bar in Cherry 2000, wo Anwälte mit Verlagsvordrucken bereit stehen um rechtsverbindlich fest zu legen was geschehen soll.
Sir Isaac Newton ist der tödlichste Bastard im ganzen Weltraum!

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Thargunitoth hat geschrieben:Die neue Gesetzgebung kann allerdings sehr viele Fälle zu Vergewaltigungen machen, die bisher nicht als solche gelten.

Wenn eine Frau beispielsweise eine Affäre hatte, währenddessen auch nur einmal "Nein" sagt, so kann sie am Tag darüber entscheiden ob die Nacht nun ein ONS oder eine Vergewaltigung war.

Dieser Artikel ist auch interessant: http://www.zeit.de/2016/28/sexualstrafr ... ettansicht

Ich selber habe mir darüber jedenfalls noch kein Urteil gebildet. Ich kenne die Sachlage und die Urteile der deutschen Justiz hierfür zu wenig. Die grundsätzliche Idee von "Nein heißt Nein" ist ja ganz gut, aber die Möglichkeit dieses Gesetz zu missbrauchen ist enorm, damit ist die Überlegung eine gemeinsame Einwillungserklärung für Sex zu unterschreiben, nicht mal soo albern wie es sich anhört.
Jepp, genau mit dieser Position hat dieses Thema angefangen. :lol:

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Talron
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Talron »

Nimmerland hat geschrieben:Ich stelle mir gerade ein paar Liebesgeschichten vor, in denen das Ganze dann mit eingebaut wird - Oh je...
Aber wenn es einmal so etabliert ist, wie das verzweifelte Nachkondomenkramen und jeder das kleine zu unterschreibende Blättchen kennt...?

edit: eine Menge Sicherheit für alle Beteiligten, die die Gesetze derzeit noch nicht bieten können. Imao wäre es das durchaus wert.
Naja, sind wir doch mal einfach ehrlich. Selbst wenn man es ins Gesetz schreiben würde, so würden sich forallem die meißten Paare nicht daran halten. Zum einen weil es eben wirklich jedes mal bedeutet, dass eben kein Vertrauen da ist. Liebling unterschreib das schnell, weil ich glaube, dass du mich möglicherweise der Vergewaltigung bezichtigen würdest...

Das bedeutet, dass man formal mal eben ein großen Teil(wahrscheinlich sogar den größeren Teil) der konsensbasierten sexuellen Aktivität als Vergewaltigung einordnen würde. Ich weiß nicht, ob man wirklich dem Satz: Vergewaltigung ist im großen und ganzen ein opferloses Verbrechen, zu Wahrheitsgehalt verhelfen sollte... (Naja, gelogen. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass dies eine bescheuerte Idee wäre.)

Eulenspiegel
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

"Nein heißt Nein" ist ein bescheuerter Slogan. Vor allem drückt er nicht das aus, was im neuen Gesetz stehen wird.

Im neuen Gesetz steht, dass es Vergewaltigung ist, wenn es gegen den "erkennbaren Willen" der Person zu sexuellen Handlungen kam. Das heißt, auch nach dem neuen Gesetz reicht es nicht aus, dass es gegen den Willen einer Person passiert. Der Wille muss auch erkennbar sein.

Das heißt, selbst wenn die Person sich nachträglich entscheiden sollte, die andere Person wegen Vergewaltigung anzuzeigen, so müsste die Person immer noch nachweisen, dass ihre (Wider-)Willen erkennbar war.

Sicherlich, die Person könnte lügen und behaupten, dass sie sich ausdrücklich dagegen geäußert hätte. Aber sie könnte ebenso lügen und behaupten, dass sie sich gewehrt hätte.

Thargunitoth
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

@Frater Tiberius
Und ich dachte das war ironisch gemeint... Schöne neue Welt.



Auch interessant: http://www.taz.de/!5024713/
Eulenspiegel hat geschrieben:
Sicherlich, die Person könnte lügen und behaupten, dass sie sich ausdrücklich dagegen geäußert hätte. Aber sie könnte ebenso lügen und behaupten, dass sie sich gewehrt hätte.
Da wären wir aber bei der Beweisbarkeit von Gegenwehr im Verhältnis zur Beweisbarkeit von Behauptungen.

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sagista
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von sagista »

Ich finde den teilweise vorgebrachten Zynismus, wie z. B. eine Koitusrahmenvereinbarung, in diesem Zusammenhang vollkommen unangemessen und manche Aussagen von meinen Geschlechtsgenossen, die man so hören und lesen muss lassen sich mich für diese schämen. Auch dieses Gerede "Nein ist nein gibt es doch schon" scheint mir nicht zuzutreffen, wie man an den allgemeinen Reaktionen sehen kann.

Ja, es wird auch nach Verabschiedung dieses Gesetzes weiterhin zu falschen Verdächtigungen kommen, aber möglicher Mißbrauch ist kein valides Argument für die Nichteinführung des Gesetzes. Es wird auch nicht wirklich vereinfacht, es reicht ja nun nicht aus, dass eine Frau am nächsten Tag auf die Idee kommt, ihren Partner der letzten Nacht mal schnell anzeigt und dieser dann sofort im Knast verschwindet. Wir haben ja keine Beweislastumkehr oder so etwas in der Art, sondern es muss halt immer noch bewiesen werden.

Und zur angeblichen Grundangst von Männern, fälschlich der Vergewaltigung bezichtigt zu werden... What? Also ich persönlich hatte diese Angst noch nie und kenne auch niemanden, der diese Angst hat. Frauen, die Angst davor haben, vergewaltigt zu werden, kenne ich eine ganze Menge. Gut, nun ist erwiesermaßen die eigene subjektive Erfahrung nicht maßgeblich, aber ich glaube nicht, dass man beide oben zitierten "Grundängste" gegenüber stellen kann und sollte.

Grundsätzlich bin ich aber immer dafür, dass eine nachgewiesene falsche Verdächtigung scharf sanktioniert wird, denn jede falsche Verdächtigung schadet nicht nur dem falsch Verdächtigten, sondern auch jedes wirkliche Vergewaltigungsopfer.

Das Grundproblem ist doch, dass viele Vergewaltigungsopfer das Verbrechen, das ihnen angetan wurde, garnicht erst zur Anzeige bringen. Ich hoffe, dass das neue Gesetz dies ändert, weil eine Frau nun eben nicht mehr zu hören bekommen wird, sie hätte sich ja nicht ausreichend gewehrt. Diesen Widerspruch, den, ich meine Fenia bereits auf Seite 1 erwähnt hat ("Nicht genug gewehrt -> keine Vergewaltigung" vs. "Wehren Sie sich nicht, dann überleben Sie") hat man sich ja nicht ausgedacht, sondern den gibt es ja tatsächlich und ist kein Einzelfall, wie ja manche versuchen zu suggerieren.

Meine Fresse, Männer, wie seid ihr denn drauf, dass ihr ernsthaft etwas dagegen habt, dass es nun auch strafbar sein wird, wenn Männer sich über den Willen ihrer Partnerin hinweg setzen, auch wenn sie deutlich sagt, sie will nicht oder gar beginnt zu weinen, und es dann über sich ergehen lässt. Ist das toll? Nö, dann lieber garkeinen Sex! Wir leben im 21. Jahrhundert, da darf jeder Mensch frei über seine Sexualität bestimmen.

Ein anderer Aspekt wurde noch garnicht angesprochen, nämlich der mit der Strafbarkeit der sexuellen Belästigung aus einer Gruppe heraus. Ich finde das grundsätzlich in Ordnung, kann da aber verstehen, wenn Skepsis besteht. Da wird man sehen müssen, wie sich das in der Praxis bewährt. Ich denke, in den Fällen, in denen Gruppen von Männern einzelne Frauen einkreisen, um sie dann zu belästigen/bestehlen/vergewaltigen, ist das in Ordnung, weil es schlicht unmöglich ist, da genau nachzuvollziehen, wer was wann gemacht hat, wodurch die Gruppe straffrei ausgeht, weil halt auch die Aussagen z. B. 10:1 stehen. Da aber alle aktiv daran beteiligt waren, finde ich es gut und richtig, dass man nun die ganze Gruppe belangen kann, auch wenn es Gründe dagegen gibt. Diese sind jedoch mMn nachrangig.

Kurzum, ich finde, das ist ein gutes und leider notwendiges Gesetz. Auch Grapschen ist endlich wirklich strafbar. Endlich sind Dinge unter Strafe gestellt, bei denen man vorher dachte "Wie, was, das ist NICHT strafbar?!"

Jadoran
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Ja, es wird auch nach Verabschiedung dieses Gesetzes weiterhin zu falschen Verdächtigungen kommen, aber möglicher Mißbrauch ist kein valides Argument für die Nichteinführung des Gesetzes.
Doch, genau das ist es. Eine Straftat muss in einem Rechtsstaat klar definiert und beweisbar sein bevor sie bestraft wird. Wenn eine bloße Behauptung ausreicht, dann können wir auch gleich "verbotene Zauberei" wieder in den Straftatenkatalog aufnehmen.
Wenn Du niemand kennst, der wegen falscher Verdächtigungen sein Leben verloren hat: Wie schön für Dich. Andern geht es anders. Diverse nachgewiesene Fälle wurden hier verlinkt. Die Folgen für die Täterinnen sind viel zu milde.
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Nightwind »

Wie zur Hölle kommt man überhaupt darauf, die Folgen von Vergewaltigung und die von falscher Anschuldigung zu vergleichen? Das ist für mich wieder mal eine Verharmlosung von Vergewaltigung. "hat MINDESTENS genauso schlimm das Leben zerstört..." Ja, schon klar.

Und was ist so schwer daran, nur dann sexuelle Handlungen vorzunehmen wenn man sich eindeutig sicher ist, dass das Gegenüber das auch begrüsst? Wieso wird hier mit Grauzonen und Unsicherheiten argumentiert wenn die beim Sex sowieso keine Rolle spielen sollten (und nein, BDSM mit Safeword ist keine Grauzone)?

Jadoran
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Wie kommst Du drauf, dass es nicht vergleichbar sei, von einem Moment auf den anderen alles zu verlieren, jahrelang unschuldig im Gefängnis zu sitzen und sein Leben lang mit dem Verdacht "War da nicht doch/irgendwas" stigmatisiert zu sein? Aber ja, ist schon klar: Sexuelle Belästigung (von Frauen durch Männer) ist the ultimate crime, besser ein paar Unschuldige gehen drauf als dass auch nur ein Täter ungestraft entkommt. Men are the expendable gender, anyway.
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Fenia_Winterkalt
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Fenia_Winterkalt »

@sagista sarafin hat das gesagt ;) und Danke, ich stimme dir vollkommen zu!


Ja, es gibt diese falschen Verdächtigungen, keine Frage. Gerade in schmutzigen Dingen wie Sorgerechtsangelegenheiten. Natürlich, es war niemand dabei, es steht Aussage gegen Aussage und der Dolch der Anschuldigung lässt einen Ausbluten egal ob man schuldig oder unschuldig gesprochen wird. Aber bei sowas wird der Vater z.B. ja auch gerne fälschlich des Kindesmissbrauchs beschuldigt aber ruft hier jemand "Kindesmissbrauch darf nicht so einfach strafbar sein weil dann viele Männer falsch beschuldigt werden!"? Nein, natürlich nicht.

Falsche Beschuldigungen müssen einfach viel härter bestraft werden, es muss abschrecken. Der Nachweis ist schwierig, immer. Aber das hat mit "Nein heißt nein" nichts zu tun. Das Gesetz soll das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung durchsetzbar machen.

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Fenia_Winterkalt hat geschrieben:Aber bei sowas wird der Vater z.B. ja auch gerne fälschlich des Kindesmissbrauchs beschuldigt aber ruft hier jemand "Kindesmissbrauch darf nicht so einfach strafbar sein weil dann viele Männer falsch beschuldigt werden!"? Nein, natürlich nicht.
Lächerlich wie du hier versuchst deine Gegenüber zu kriminalisieren. Jeder, aber auch jeder hier ist der Meinung das Vergewaltigung strafbar sein darf, nein, sein muss! Aber sie muss eben auch beweisbar bleiben, das verlangen unsere rechtsstaatlichen Grundprinzipien. Und diese neue Gesetzfassung mit dem "klar erkennbaren Willen" gibt Richtern viel zu viel Entscheidungsspielraum, und damit schafft es auch viel mehr Spielraum für Falschurteile und Mißbrauch.

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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Fenia_Winterkalt »

Ich kriminalisiere?
Also wirklich. Ich verstehe nicht warum du versuchst mich jetzt blöd dastehen zu lassen. Wenn dir meine Meinung nicht passt ok, aber bleib doch bitte sachlich.

Ich finde das was ich geschrieben habe gar nicht lächerlich und ich lasse mich auch nicht über deine Beiträge so aus.

Benutzer 7553 gelöscht

Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Benutzer 7553 gelöscht »

Die von mir zitierte Aussage von dir kann man so interpretieren das alle die deiner Position widersprechen Straffreiheit von Vergewaltigung fordern und dieses abscheuliche Verbrechen damit gutheißen. Das ist sehr schlechter Stil.
Wenn deine Aussage sehr viel milder gemeint war als sie rüber kommt dann muss ich dir trotzdem widersprechen, denn das Prinzip der Beweisbarkeit gilt für alle Bereiche des Strafrechts. Auch Kindesmißbrauch muss beweisbar sein für eine Verurteilung.
Das klingt hart, und sorgt leider dafür das viele echt wiederliche Verbrecher weiter frei rumlaufen, aber das Prinzip ist notwendig um der Willkür einen Riegel vor zu schieben.
Selbst im Kleinen gilt das Prinzip. Ich habe seit langem eine deutliche, tiefe Delle in der Beifahrerseite meines Autos. Vielleicht war es dieser Irre der damals Jahrelang Autos und Lastwagen auf Autobahnen mit einem Luft- oder Kleinkalibergewehr beschossen hat. Vielleicht hat auch einfach nur jemand auf einem Parkplatz mit Karacho seine Tür aufgestoßen und dabei mein Auto erwischt. Ich weis es nicht, ich kann nichts beweisen, also habe ich den Schaden und bleibe darauf sitzen. Ich finde da auch nicht toll, aber machen kann ich nichts.

Fenia_Winterkalt
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Fenia_Winterkalt »

Also da hast du mich falsch Verstanden.
Hier im Threat, ja gleich ganz zu Anfang, wird ja immer wieder geäußert das dieses Gesetz es einfacher machen würde falsche Verdächtigungen auszusprechen. Ja irgendwie ist das der erste Gedanke den manche zu haben scheinen. Ich frage mich woran das liegt. Weil die Männer Angst haben das die Frauen Macht über sie bekommen?
Weil dieses Gesetzt aus der Sicht vieler die hauptsächlich Männer benachteiligt? Weil wir von Frauen als Opfer reden?
Ich wollte einen Vergleich zu einem Problem ziehen das aus meiner Sicht ähnlich ist. Aber da sind Kinder die Opfer und da gibt es, meines Wissens nach, solche Bedenken auch, aber die würde niemand aussprechen oder gar offiziell fordern das Recht weniger durchsetzbar zu machen.

Es sollte anregen zum Nachdenken darüber warum diese Diskussion gerade bei dem Thema Vergewaltigung so aufflammt.

Ich mein.. hu du hast mich ertappt, ich habe keinen Rhetorikkurs besucht, aber ich wusste nicht das das eine Voraussetzung ist hier zu schreiben. Ich bemühe mich meine Beiträge so zu formulieren das sie niemanden persönlich angreifen, gemäßigt bleiben und versuche irgendwie rüberzubringen was ich meine, ich dachte das reicht. Und ich dachte das kann ich auch von anderen hier erwarten.

Jadoran
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Re: "Nein heißt nein"

Ungelesener Beitrag von Jadoran »

Hier im Threat, ja gleich ganz zu Anfang, wird ja immer wieder geäußert das dieses Gesetz es einfacher machen würde falsche Verdächtigungen auszusprechen. Ja irgendwie ist das der erste Gedanke den manche zu haben scheinen. Ich frage mich woran das liegt.
Ganz einfach: Weil die ganze Kampagne genau das ermöglicht. Oder gar zum Ziel hat. Bei Erpressung z.B. kommt keiner ernsthaft auf die Idee zu fordern, die Androhung eines widerrechtlichen Übels oder sittenwidrige Ausnutzung einer Zwangslage müsse nicht intersubjektiv nachweisbar sein sondern es würde reichen, wenn eine Seite behautet, die andere habe sie zu einer Transaktion gedrängt.
Und gerade bei einer Straftat, die strafrechtlich wie gesellschaftlich derartig hart geahndet wird, soll dann faktisch die Aussage einer Seite reichen?
Zum Thema wehren: Wenn man sich nicht wehrt, dann ist auch Diebstahl vor Gericht meist kein Raub, da keine Gewalt/Gewaltandrohung nachweisbar. Vielleicht ist der Ratschlag, sich grundsätzlich nicht zu wehren falsch? Wenn man sich wehrt, setzt man dem anderen Grenzen. Wenn man sich wehrt, helfen einem auch viel eher andere. Wehren besteht ja nicht nur aus um sich schlagen.
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