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Brexit - Und seine Folgen?

Für alles, was uns sonst noch so interessiert.

Brexit - Was haltet Ihr davon?

Brexit - Was ist das?
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Lokwai
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Lokwai »

@gubblinus ... Danke für deine Klarstellung, hilft mir weiter die Brisanz des Junkervorstoßes etwas zu mildern (es ist wohl so gewollt, der Buhmann- und Resonanzeffekt)

Es ändert nur nicht viel daran, für EU-Kritiker bleibt es ein gefundenes Fressen. Mal schauen wie vergesslich die Bürger bei den nächsten Wahlen sind.

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Denderan Marajain
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Denderan Marajain »

Gubblinus hat geschrieben:Ich weiß, aber ich nehme an wir beide wissen dass wir in Österreich (leider) einen de facto Clubzang haben.
Nein haben wir nicht sonst wäre es ja illegal
In Österreich nennt sich das vorauseilender Gehorsam ;)

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Varana
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Varana »

Nova: "Herrschaft des Volkes" sagt nullkommanichts über den Wahlmodus eines repräsentativen Parlaments aus. Der reine Begriff ist nicht besonders aussagekräftig. Selbst in einem System mit exakter mathematischer Repräsentation oder in einer direkten Demokratie, kann ich immer behaupten, das wäre nicht demokratisch - denn ich gehöre zum Volk, aber wenn ich überstimmt werde, wird mein Wille nicht umgesetzt, es kann also keine Rede davon sein, daß ich herrschen würde.
Natürlich ist das Unsinn. Aber aus dem sehr schwammigen "Volksherrschaft" irgendwelche Aussagen über Stimmenverhältnisse abzuleiten - sorry, da verrennst du dich.
Theoretisch müssen es nicht mal Wahlen sein. In Athen damals wurden Ämter verlost.

Oh, und ansonsten: Wenn man das EU-Parlament deswegen als nicht hinreichend demokratisch ansieht, dann darf man bitte schön auch nicht auf die absurde Idee kommen, eine Entscheidung der nationalen Parlamente als "demokratischer" anzusehen. In jedem dieser Parlamente gibt es ähnliche Verzerrungen.

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Anderseits ist es eben auch nicht sehr sinnvoll alles als "demokratisch" zu bezeichnen was man halt politisch mag, oder was halt so in Europa evtl. politische Praxis ist. So sind z.B. Grundrechte eben nicht inhärenter Teil der Demokratie, und können diese sogar beschränken. Es gibt genug autoritäre Demokratien ohne wirklichen Schutz von Grundrechten. Was "demokratisch" ist, ist da schon genauer definiert - und ich würde sagen es läuft im Endeffekt darauf hinaus, den Willen des Volkes möglichst genau abzubilden. Also würde ich auch sagen, das Mehrheitswahlrecht hat Demokratiedefizite, und ja, Lose sind natürlich undemokratisch, auch wenn es im alten Athen passiert ist.

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Varana
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Varana »

Ich habe den Verdacht, deinen ersten Satz könnte ich mit umgekehrten Vorzeichen an dich zurückgeben. ;)

Natürlich kann ich den Begriff so weit verengen, daß er auf nichts mehr zutrifft. Aber das ist erstens nicht sinnvoll (denn dann ist er nicht mehr anwendbar), und zweitens steht der Begriff immer in einem Kontext. Der wird nicht jedes Mal neu definiert, sondern hat eine Begriffsgeschichte. Und im Verlaufe dieser Begriffsgeschichte haben sich bestimmte Definitionen herausgebildet. Im europäisch-amerikanischen "Westen" werden auch repräsentative Systeme mit (teilweise deutlichen! man schaue sich nur mal die letzte britische Wahl an) Verzerrungen als demokratisch bezeichnet bzw. akzeptiert. Im Sozialismus war "demokratisch" das, was die Partei macht, weil die per definitionem den Willen des Volkes verkörpert.

Sprich: Natürlich ist das EU-Parlament nach gängigen Definitionen demokratisch gewählt, wie auch der Bundestag und das House of Commons.

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Im Großen und Ganzen natürlich, aber das ist doch nicht nur eine binäre Frage! Das Wort "Demokratiedefizit" gibt es schließlich aus gutem Grund ;)

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Gubblinus
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Das Wort Demokratiedefizit wird aber in der Regel nicht auf solche kleinen Verschiebungen angewendet.

Wenn ein Präsident zB die Verfassung ändern lässt um eine dritte Amtsperiode machen zu können. Oder wenn das Militär die Regierung absetzt, oder ähnliche Fälle.
Auf sowas würde ich das Wort "Demokratiedefizit" anwenden.

Vor allem wenn man für jede Kleinigkeit "Demokratiedefizit" verwendet, suggeriert das eben größere Probleme (die ebenfalls darunter fallen), was nicht notwendig ist. Auch eine perfekte parlamentarische Demokratie hat "Demokratiedefizite" wenn man zB die letzten Sitze verteilen muss, und mit so Spielereien wie Überhangsmandaten zu kämpfen hat.
Dann bildet das Parlament so gut wie möglich die Abstimmung ab, aber eben nicht perfekt, hat also ein Defizit.

Heißt wir sind uns wohl alle einig dass man erst ab einer gewissen Schwelle wirklich "Demokratiedefizit" dazu sagen sollte, nur nicht einig wo diese Schwelle ist. Ich finde solche "im System eingebauten Mechanismen zum Minderheitenschutz" sind zwar nicht Strikt demokratisch, aber noch kein wirkliches Defizit (vor allem im Vergleich zu anderen Defiziten die sich in Demokratien heutzutage so ereignen).

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Gubblinus hat geschrieben:Auch eine perfekte parlamentarische Demokratie hat "Demokratiedefizite" wenn man zB die letzten Sitze verteilen muss, und mit so Spielereien wie Überhangsmandaten zu kämpfen hat.
Ja? Die Überhangmandate waren ein Demokratiedefizit. Weswegen sie ja letztendlich auch vom BVG niedergestreckt wurden. Ich sehe jetzt da das Problem nicht. Du scheinst von der Logik auszugehen "Wir können keine Demokrateidefizite haben, also kann sowas kein Demokratiedefizit sein". Aber das ist natürlich eine verkehrt herume Kausalität.

Natürlich gibt es kleinere und wesentlich größere Demokratiedefizite; wir bezeichnen ja sowohl einen Massenmord wie auch einen Handtaschendiebstahl als "Verbrechen"...

Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Denderan
Verhältniswahlrecht & indirekte Demokratieform => Stärke von Parteien.
Wer beim nächsten mal nicht auf den Listenplatz kommt, ist futsch. Wer vom eigenen Fraktionsvorsitzenden nicht Redezeit kriegt, wenn die Kameras gerade aufs Thema draufhalten oder in Verlierer-Ausschüsse geschickt wird, ist als Parlamentarier benachteiligt.

Der dadurch erzeugte "Clubzwang" ist mMn in Deutschland (und wohl auch Österreich) inzwischen viel stärker als sich die Macher des deutschen GG das mal vorgestellt haben. Auch, weil wir von Berufpolitikern sprechen, die z.T. bei nicht mehr erreichtem Mandat einen starken "Lebenslauf-Knick" erfahren.

Thargunitoth
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Gubblinus hat geschrieben:Das Wort Demokratiedefizit wird aber in der Regel nicht auf solche kleinen Verschiebungen angewendet.

Wenn ein Präsident zB die Verfassung ändern lässt um eine dritte Amtsperiode machen zu können. Oder wenn das Militär die Regierung absetzt, oder ähnliche Fälle.
Auf sowas würde ich das Wort "Demokratiedefizit" anwenden.
Hat nichts mit Demokratiedefizit zu tun, sondern ist verfassungsfeindlich bzw. ein Verfassungsbruch.

Demokratiedefizit heißt, dass die Meinung des Volkes hinsichtlich seiner Wahlentscheidung und die politische Richtung unterschiedlicher sind als dies notwendig wäre. Wenn beispielsweise die Briten aus der EU wollen und die britische Regierung beschließt seine EU-Mitgliedschaft zu vertiefen, dies allerdings scheinbar kein vom Volk gewählter verantworten muss oder kann, dann ist das ein Demokratiedefizit.

Dann wählt man oder man wählt nicht, die Politik ändert sich nicht oder sie orientiert sich erst knapp vor dem Kollaps an der Meinung des Volkes.

Eine Demokratie sollte sich am Willen des Volkes orientieren und diesen in die Politik umsetzen unter Bedacht auf Humanität, Rechtsstaatlichkeit und Gewissen.

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Gubblinus
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

"Wir können keine Demokrateidefizite haben, also kann sowas kein Demokratiedefizit sein"
Nein, die Logik ist: Es kann eine perfekte Demokratie nicht geben (wenn man 1000 Stimmen hat, die man auf 10 Abgeordnete umrechnen muss, kommt immer Unschärfe raus) deswegen kann nicht jede Abweichung von der perfekten Demokratie als "Demokratiedefizit" bezeichnet werden, weil dann jede praktische Demokratie immer Demokratiedefizite aufweist, und das Wort damit sinnlos wird.
Thargunitoth hat geschrieben:Hat nichts mit Demokratiedefizit zu tun, sondern ist verfassungsfeindlich bzw. ein Verfassungsbruch.

Demokratiedefizit heißt, dass die Meinung des Volkes hinsichtlich seiner Wahlentscheidung und die politische Richtung unterschiedlicher sind als dies notwendig wäre. Wenn beispielsweise die Briten aus der EU wollen und die britische Regierung beschließt seine EU-Mitgliedschaft zu vertiefen, dies allerdings scheinbar kein vom Volk gewählter verantworten muss oder kann, dann ist das ein Demokratiedefizit.

Dann wählt man oder man wählt nicht, die Politik ändert sich nicht oder sie orientiert sich erst knapp vor dem Kollaps an der Meinung des Volkes.

Eine Demokratie sollte sich am Willen des Volkes orientieren und diesen in die Politik umsetzen unter Bedacht auf Humanität, Rechtsstaatlichkeit und Gewissen.
Auch ein Verfassungsbruch ist ein "Demokratiedefizit" wenn ich dieses als abweichend von einer perfekten Demokratie bezeichne.
Warum du allerdings immer zwischen "britische Regierung" und "dem Willen des Volkes" unterscheidest, und meinst "kein vom Volk Gewählter muss es verantworten" verstehe ich nicht. Die britische Regierung IST der Wille des Volkes (zumidest der Wille des Volkes von vor X Jahren, je nachdem wie lange die letzte Wahl her ist) und diese Regierung muss ihre Entscheidungen auch (mindestens politisch) verantworten.
Die Regierungen der Länder, genauso wie das EU Parlament sind kein Eliten-Club ohne Bezug zum Willen des Volkes ! (gut, in GB schon, das House of Lords zumindest ...). Die ganze Schreierei von wegen "die Regierungen machen nicht was das Volk will" ist doch Unsinn. Einfach abwählen bei der nächsten Wahl, wo ist das Problem. (und zwischen den Wahlen gibt es in den meisten Ländern noch andere Möglichkeiten die Regierung zu traktieren). Und ja, in einer Demokratie wird auch mal gemacht was nicht alle wollen, denn Demokratie heißt nicht Einigkeit aller (das würde nur Stagnation bedeuten) sondern Herrschaft der Mehrheit. Und diese Mehrheiten drücken sich eben in Wahlen aus, nicht nur in direkter Demokratie (die, wie auch die parlamentarische Demokratie, Vor- und Nach-teile hat).

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

@Andwari
Wobei dies nicht so sehr auf Mehrheitswahlrecht gegenüber Verhältniswahlrecht, sondern eher auf parlamentarische ggü. präsidentiale Demokratie zurück zu führen ist. Wenn dich Labour im Wahlkreis nicht mehr als Kanidaten aufstellst, so kannst du zwar noch als Unabhängiger antreten, aber wahrscheinlicher ist, dass der Wahlkreis anstattdessen den neuen Labour-Kandidaten wählen werden. Dadurch gibt es in GB genauso sehr einen Fraktionszwang wie in Deutschland oder Österreich.

In den USA gibt es ja durchaus auch Konkurrenz in der eigenen Partei - siehe die Primaries, aber es ist durchaus auch nicht so ungewöhnlich dass in einem Wahlkreis mal zwei Republikaner oder zwei Demokraten antreten. Denn Demokratische Partei und Republikanische Partei sind schlichtweg zu lose organisiert und daher schwach, um Parteidisziplin zu erzwingen, die es auch so in den USA nicht gibt. Und der Grund dafür ist schlichtweg dass durchgehende Mehrheitsverhältnisse im Kongress nicht so wichtig sind, da ja die (direkt gewählte) Regierung davon nicht abhängt.

In GB wird die Regierung aber vom Parlament gewählt, daher braucht man stabile Parlamentsmehrheiten, deswegen gibt es dort eine genau so starke Parteidisziplin wie auf dem Festland. Das hat mit Mehrheitswahlrecht ggü. Verhältniswahlrecht also wenig zu tun...

@Gubblinus:
Es kann eine perfekte Demokratie nicht geben (wenn man 1000 Stimmen hat, die man auf 10 Abgeordnete umrechnen muss, kommt immer Unschärfe raus) deswegen kann nicht jede Abweichung von der perfekten Demokratie als "Demokratiedefizit" bezeichnet werden, weil dann jede praktische Demokratie immer Demokratiedefizite aufweist, und das Wort damit sinnlos wird.
Um meine Analogie fort zu führen: Es kann auch keine total Verbrechensfreie Gesellschaft geben, das heißt aber auch noch lange nicht dass wir minderschwere Verbrechen nun nicht mehr als Verbrechen bezeichnen!

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Der Wanderer
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

Ihr verrennt euch ein wenig. Der Punkt ist meines Erachtens doch vielmehr, dass da gern mit zwei Maßstäben gemessen wird. Der EU wird permanent ein Demokratiedefizit vorgeworfen. Je nachdem, woran man Demokratie misst, mag das stimmen - auch ich sehe, dass man da einiges noch verbessern könnte. Aber: Seltsamerweise wird der Vorwurf in dem Zusammenhang dann Nationalstaaten oft nicht gemacht, auch wenn diese vergleichbare Defizite haben. Und da iegt die Vermutung dann nahe, dass es gar nicht um irgendwelche Probleme mit der Demokratie geht, sondern man Probleme damit hat, dass die EU quasi über dem präferierten Nationalstaat steht. Das ist ja okay, aber dann bitte keine solchen Nebelkerzen.

Und das ist meiner Ansicht nach das große Problem der EU. Die wird für Dinge kritisiert und runtergemacht, für die sie entweder nichts kann oder die ohne jede Verhältnismäßigkeit betrachtet werden. Ich sehe da auch keinesfalls alles rosig, gerade auch bei der EU-Kommission, aber die einzelnen Nationen bereiten mir da viel mehr Verdruss.
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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Wenn man nunmal über die EU redet, warum muss man da die Nationalstaaten aufbringen? Ich halte auch absolut nichts vom Bundesrat so wie er aufgebaut ist, aber das ist doch irrelevant wenn ich über die EU rede. Das Problem bei der EU dabei ist, dass ich quasi sehe wie das Unglück vor meinen Augen abläuft - es wird ein tauneuer Staatsapparat aus der Taufe gehoben, und anstatt es nun richtig zu machen, hat man sofort Demokratiedefizite dabei. Währenddessen gibt es den Bundesrat nun schon seit über 60 Jahren, da ist es etwas spät sich aufzuregen...

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Der Wanderer
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Der Wanderer »

Nova hat geschrieben:Wenn man nunmal über die EU redet, warum muss man da die Nationalstaaten aufbringen?
Weil das eine nicht ohne das andere geht? Die EU ist ja kein eigener Staat, sondern ein Bündnis von Staaten. Und die kochen nach wie vor permament ihr eigenes Süppchen. Flüchtlings- und Eurokrise beispielsweise haben ja recht wenig mit der EU zu tun.
es wird ein tauneuer Staatsapparat aus der Taufe gehoben, und anstatt es nun richtig zu machen, hat man sofort Demokratiedefizite dabei.
Das Blöde ist, dass es eben ein fließender Übergang ist. Das Europäische Parlament wird immerhin auch schon seit 1979 gewählt, auch wenn seine Macht seitdem ständig erweitert wurde. (Es existiert sogar seit den 50ern, wenn auch sehr anders.) Man hat ja nicht von heute auf morgen entschieden: Jetzt machen wir einen europäischen Staatenbund mit dem und dem System.
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Thargunitoth
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Gubblinus hat geschrieben:
"Wir können keine Demokrateidefizite haben, also kann sowas kein Demokratiedefizit sein"
Nein, die Logik ist: Es kann eine perfekte Demokratie nicht geben (wenn man 1000 Stimmen hat, die man auf 10 Abgeordnete umrechnen muss, kommt immer Unschärfe raus) deswegen kann nicht jede Abweichung von der perfekten Demokratie als "Demokratiedefizit" bezeichnet werden, weil dann jede praktische Demokratie immer Demokratiedefizite aufweist, und das Wort damit sinnlos wird.
Wer sagt denn, dass jede Abweichung von der perfekten Demokratie als "Demokratiedefizit" bezeichnet wird?
Auch ein Verfassungsbruch ist ein "Demokratiedefizit" wenn ich dieses als abweichend von einer perfekten Demokratie bezeichne.
Tut aber keiner, weil es eine perfekte Demokratie nicht gibt. Und ein Verfassungsbruch etwas mit dem Brechen einer Verfassung zu tun hat, während ein Demokratiedefizit etwas mit den politischen Strukturen zu tun hat.
Warum du allerdings immer zwischen "britische Regierung" und "dem Willen des Volkes" unterscheidest, und meinst "kein vom Volk Gewählter muss es verantworten" verstehe ich nicht. Die britische Regierung IST der Wille des Volkes (zumidest der Wille des Volkes von vor X Jahren, je nachdem wie lange die letzte Wahl her ist) und diese Regierung muss ihre Entscheidungen auch (mindestens politisch) verantworten.
Romantische Verklärung "ist der Wille des Volkes". Die britische Regierung ist das, was nach den Wahlen herauskam und hat erstmal Handlungsspielraum bis zur nächsten Wahl. In dieser Zeit kann die Regierung alle Register ziehen um die Bevölkerung nach Strich und Faden zu verarschen und einen Sündenbock zu suchen, der dafür dann die Verantwortung tragen muss. In Kombination mit einer medialen Überschallung von allen Seiten ist es schon sehr sehr schwer hier den eigentlich Verantwortlichen für Missstände zu finden.

Hinzu kommt, dass die Menschen arbeiten müssen und weder die Zeit und auch niemand auf der Welt die Intelligenz habt alle politischen Handlungen zu durchschauen. Geschweige denn ob es überhaupt möglich ist, weil niemandem alle Informationen zur Verfügung stehen.

Letztendlich bleibt so dem Bürger nur die Wahl zwischen Kandidaten, die jeweils ihre Geschichten erzählen und er glaubt demjenigen mit mehr Charisma und dessen Geschichte mehr den eigenen Präferenzen entspricht.

Und je undurchsichtiger die politischen Strukturen sind, umso schwieriger wird es für den Bürger die Geschichten auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Dann sind wir wieder beim Demokratiedefizit, denn werden diese Strukturen verschleiert oder sind sie undurchschauberer als sie eigentlich sein müssten, dann kann der Bürger noch weniger die Geschichten der Kandidaten nachprüfen.

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Nova
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Nova »

Thargunitoth hat geschrieben: Wer sagt denn, dass jede Abweichung von der perfekten Demokratie als "Demokratiedefizit" bezeichnet wird?
*hand hebt* ;)
Der Wanderer hat geschrieben: Weil das eine nicht ohne das andere geht? Die EU ist ja kein eigener Staat, sondern ein Bündnis von Staaten.
Ist klar. Aber ein Bündnis mit eigener politischer Struktur (daher supranational, nicht international), und um diese Struktur geht es ja. Wenn man jetzt etwas an dieser Struktur auszusetzen hat, warum muss man dann zwanghaft auch die politischen Strukturen der Mitgliedsstaaten erwähnen?
Flüchtlings- und Eurokrise beispielsweise haben ja recht wenig mit der EU zu tun.
Das sind aber politische Themen, nicht Teil der politischen Strukturen.

Bei den politischen Strukturen ist es aber in der Tat so dass ich sagen kann "EU-Parlament ist blöd, da nicht hinreichend demokratisch wegen Stimmverzerrung", ohne dass ich irgendwelche nationalen Strukturen erwähnen müsste. Wieso auch?
Das Blöde ist, dass es eben ein fließender Übergang ist. Das Europäische Parlament wird immerhin auch schon seit 1979 gewählt, auch wenn seine Macht seitdem ständig erweitert wurde. (Es existiert sogar seit den 50ern, wenn auch sehr anders.) Man hat ja nicht von heute auf morgen entschieden: Jetzt machen wir einen europäischen Staatenbund mit dem und dem System.
Genau gesagt hat man das nie wirklich entschieden sondern einfach darauf los gerannt, was ja ein weiteres Problem ist. Aber wenn man quasi vor den eigenen Augen sieht wie die Stimmverzerrung im EP festgehalten wird, z.B. im Lissabonner Vertrag, dann ist das halt was anderes als wenn die Strukturen Jahrzehnte vor deiner Geburt festegelgt worden sind.

Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Nova
Erst widersprichst Du bzgl. Mehrheitswahl von Wahlkreisvertretern vs. Listen-Verhältniswahl - und bringst dann direkt das Paradebeispiel USA, inklusive des geringeren Einflusses der Partei darauf, wer "für sie" in Wahlkreis X antreten darf.

Ich sprach von Parlamentariern - nicht von Regierung - und von deren Verhältnis zu den Parteien. Und da ist ein im Wahlkreis gewählter Vertreter immer gegenüber der Partei unabhängiger als ein Listenkandidat und gleichzeitig gegenüber Kirchturmpolitik anfälliger.

UK hat im Unterhaus genau 0% Listenkandidaten, der deutsche Bundestag 50% und Österreich im Nationalrat irgendwas um 50% korrigiert mich, wenn ich da falsch liege, zumindest wenn es relativ viele relevante Parteien gibt, erreicht doch ggf. gar keiner direkt ein Wahlkreismandat, oder? Vllt. kommt die Unklarheit daher, weil sehr viele Länder kein reines, landesweites Verhältniswahlrecht mehr praktizieren, sondern halt durch Wahlkreiszuschnitte doch wieder mehr oder weniger stark Elemente eines Mehrheitswahlrechts reinbringen.

@CETA
Dazu heute Zitate (wie erinnert):

Junkers: "Ich habe dem Rat vorgetragen, dass ich ein Rechtsgutachten habe, dass mir sagt: 'das ist ein reines EU-Ding' und braucht damit keine nationale Ratifizierung. Mir ist das aber eigentlich egal."
=> Er berichtet das vmtl. genau deshalb auf dem EU-Gipfel, damit die hier anwesenden Regierungschefs sagen können "ne, wir wollen auch" - wenn sie das nicht tun, muss die Vorlage immer noch durch den EU-Ministerrat, wo es kein explizites Vetorecht einzelner gibt.

Lammert: Nach unserer Verfassung kann die Regierung diesem Vertrag zwingend nur mit Parlamentsmandat zustimmen."
=> Wenn seine Darstellung stimmt (vgl. außenpolitisches Regierungshandeln vs. Parlamentsrechte), hätte die deutsche Regierungschefin da entweder "Nein" zu obigem Junker-Vortrag sagen müssen oder ganz fest darauf vertrauen, dass deutsche Parlamentsmehrheit, EU-Ministerratsentscheidung und EU-Parlamentsentscheidung alle auf derselben Seite sind.
Zuletzt geändert von Andwari am 29.06.2016 20:20, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Gubblinus »

Thargunitoth hat geschrieben:Romantische Verklärung "ist der Wille des Volkes". Die britische Regierung ist das, was nach den Wahlen herauskam und hat erstmal Handlungsspielraum bis zur nächsten Wahl.
Und weil wir alle wissen dass Politiker Sesselkleber sind, und Parteien Strukturen sind die der Selbsterhaltung dienen, hat auch die Bevölkerung während einer Legislaturperiode großen Einfluss.
Nimm zB Österreich. Wir haben ohne Wahl unseren Kanzler abgesetzt, und eine neue Regierungsausrichtung bekommen. Weil die nämlich alle an die nächste Wahl denken müssen, sonst sinds ihren schönen gut bezahlten Job los.
Letztendlich bleibt so dem Bürger nur die Wahl zwischen Kandidaten, die jeweils ihre Geschichten erzählen und er glaubt demjenigen mit mehr Charisma und dessen Geschichte mehr den eigenen Präferenzen entspricht.
Also wenn das dein Verständnis von Demokratie ist, dein Verständnis von den Aufgaben eines aktiven Demokraten (dem Wähler) und dein Eigenverständnis wie du zu einer Wahl gehst... Ich versuche mich laufend zu informieren, früher hats mal geheißen, wer nicht mindestens 2 Tageszeitungen liest, ist nicht gut informiert. Das gilt auch heute noch. Wer die Zeit sich politisch zu informieren nicht aufbringen will, der sollte lieber das Wählen sein lassen bevor er es Anhand dessen entscheidet ob einem das Gesicht des Politikers gefällt.
Ja, das kostet Zeit, so 15-60 Minuten jeden Tag, je nachdem was so passiert. (im Moment zB verbringe ich jeden Tag mindestens 30 Minuten um die Aussagen vorm österreichischen Verfassungsgericht der einzelnen Parteien nachzulesen. Für die Deutschen unter uns: Unsere Bundespräsidentenwahl wird angefochten vor dem VfGH). Wer diese Zeit für (in meinen Augen) eine der wichtigsten Mitbestimmungen die man haben kann nicht investieren will, der sollte meiner Meinung nach auch gleich die Wahl lassen (wobei ich das nie von ihm verlangen würde, schließlich ist "alle dürfen wählen" eine der unumstößlichen Grundpfeiler der Demokratie, und zu Recht).
Und je undurchsichtiger die politischen Strukturen sind, umso schwieriger wird es für den Bürger die Geschichten auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Dann sind wir wieder beim Demokratiedefizit, denn werden diese Strukturen verschleiert oder sind sie undurchschauberer als sie eigentlich sein müssten, dann kann der Bürger noch weniger die Geschichten der Kandidaten nachprüfen.
Und was ist undurchsichtig an der EU? Die EU Strukturen der Wahlen und wie Leute an welchen Posten kommen (zB Parlament, Kommissionpräsident, Kommission und Europäischer Rat) kann man in weniger als einer A4 Seite soweit zusammenfassen dass man die Grundzüge versteht.
Ich finde wenn ich die EU-Strukturen vergleiche mit unseren Strukturen für Land und Bund (in Österreich), da fühle ich mich weniger überfordert von den Strukturen auf EU-Ebene ...

Klar, man muss sich erstmal dafür interessieren (aber die EU gibts ja auch nicht seit gestern). Bisschen einlesen, Tagespolitik nicht nur auf nationaler Ebene verfolgen, sondern auch auf EU-Ebene. Wo ich dir zustimme ist allerdings: Es wird verdammt wenig Information geboten in den Tele-Medien. Wenn Nationalratswahl ist, gibt es kein anderes Thema in den Medien, Vertreter werden eingeladen, Interviews werden geführt, die Berichterstattung ist enorm. Wenn Europawahl ist ist die Berichterstattung dazu im Vergleich minimal, klar dass dann niemand die Positionen der einzelnen Personen und Parteien auf dieser Ebene kennt, oder weiß wie, wer, warum, wo sitzt.
Aber das führt wieder zurück zum mündigen Bürger. Ich muss annehmen dass dieser sich, so ihm Information fehlt, sich nicht darauf verlässt bis er sie vorgekaut bekommt, sondern sich selbst besorgt (im Zeitalter der Information ja auch kein Problem, von A-Z findet man da alles, so gut wie alle Printmedien gibts auch im Netz).

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Varana
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Varana »

Ich halte "nicht hinreichend demokratisch" weiterhin für zu viel Drama.

Im übrigen: Die Mehrheitsverhältnisse im EP sind leicht zugunsten der kleinen Staaten gewichtet - mit der Betonung auf "leicht". Im EP sitzen derzeit 751 Parlamentarier, davon 96 aus Deutschland und 6 aus Malta. Diese Zahlen sind festgeschrieben, man kriegt also durch mehr Wähler nicht mehr Stimmen. Daß ein Malteser Abgeordneter weniger Stimmen für sein Mandat braucht, stimmt - aber:
Dafür sind es auch nur 6 Sitze für sein Land, die gegen die "Großen" im Zweifelsfall gnadenlos untergehen.
Häufig verteilen sich die Stimmen nicht so sehr nach Land, sondern nach Fraktion - deutsche Konservative werden im wesentlichen mit spanischen Konservativen stimmen und nicht mit der deutschen Linkspartei. ;)
Letztendlich wirkt sich diese Verzerrung in der Praxis deutlich weniger aus, als sie auf den ersten Blick aussehen mag.
Und zweitens - alle Bundesstaaten haben ein solches Korrektiv, das nach Staaten gewichtet, nicht nach Bevölkerungen. Selbst in der direktdemokratischen Schweiz muß bei Volksabstimmungen auch ein "Ständemehr" gegeben sein, d.h. die Mehrzahl der Kantone zustimmen, nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung. Man könnte daraus schließen, daß sich ein solches System als Kompromiß bewährt hat, um eine demokratische Vertretung der Interessen aller zu gewährleisten...

Was die USA angeht, haben wir dort seit einigen Jahren v.a. auf republikanischer Seite im Kongreß eine deutliche Tendenz zum Fraktionszwang. Wie sich das entwickelt, bleibt abzuwarten, aber in den Obama-Jahren war das schon sehr klar erkennbar (und damit in einem Zweiparteiensystem auch sehr polarisierend).

Andwari
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Andwari »

@Varana
üblicherweise macht man dafür in einem föderalen Staat aber die zweite Parlamentskammer auf und verbiegt möglichst nicht die typischerweise aktivere und größere Kammer.

Auf EU-Ministerratsebene hat man mit den jüngsten Änderungen ja schon eine mMn belastbare Formel gefunden: 55% der Länder mit 65% der Bevölkerung sind da jetzt die qualifizierte Mehrheit.

Thargunitoth
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Thargunitoth »

Gubblinus hat geschrieben:
Thargunitoth hat geschrieben:Romantische Verklärung "ist der Wille des Volkes". Die britische Regierung ist das, was nach den Wahlen herauskam und hat erstmal Handlungsspielraum bis zur nächsten Wahl.
Und weil wir alle wissen dass Politiker Sesselkleber sind, und Parteien Strukturen sind die der Selbsterhaltung dienen, hat auch die Bevölkerung während einer Legislaturperiode großen Einfluss.
Nimm zB Österreich. Wir haben ohne Wahl unseren Kanzler abgesetzt, und eine neue Regierungsausrichtung bekommen. Weil die nämlich alle an die nächste Wahl denken müssen, sonst sinds ihren schönen gut bezahlten Job los.
Und ist er seinen Job jetzt los, weil er schlechte Politik gemacht hat oder weil jemand glaubhaft erklären konnte, dass er schlechte Politik macht?

Und Stühlerücken ist eine klassische Parteienlösung. Dann tauscht man halt eine Person aus und der nächste tut so als wolle er alles anders machen und letztendlich ändert sich nichts. Das hat in Deutschland zur Politikverdrossenheit geführt.

Ich gebe zu, wenn einem eine etablierte rechte Partei im Genick sitzt, ändert sich das Szenario schon deutlich, allerdings ist das für Deutschland ein eher neues Phänomen.
Letztendlich bleibt so dem Bürger nur die Wahl zwischen Kandidaten, die jeweils ihre Geschichten erzählen und er glaubt demjenigen mit mehr Charisma und dessen Geschichte mehr den eigenen Präferenzen entspricht.
Also wenn das dein Verständnis von Demokratie ist, dein Verständnis von den Aufgaben eines aktiven Demokraten (dem Wähler) und dein Eigenverständnis wie du zu einer Wahl gehst... Ich versuche mich laufend zu informieren, früher hats mal geheißen, wer nicht mindestens 2 Tageszeitungen liest, ist nicht gut informiert. Das gilt auch heute noch. Wer die Zeit sich politisch zu informieren nicht aufbringen will, der sollte lieber das Wählen sein lassen bevor er es Anhand dessen entscheidet ob einem das Gesicht des Politikers gefällt.
Wie manche Gesetzestexte der EU zustande kommen weiß niemand so genau und wie diese interpretiert werden müssen ist manchmal juristisch sehr schwierig. An den Gesetzen sitzen heutzutage Horden von Anwälten, die sich um jedes Wort Gedanken machen damit es später "richtig" interpretiert wird.

Da sind deine 15-60 Minuten am Tag sehr löblich, allerdings bräuchte es entsprechende Mengen von Rechtsgelehrten, die diese Texte auseinandernehmen, die Texte für Ungelernte umschreiben und erörtern. Wir leben in sehr komplizierten Zeiten.

Und dann werden diese Richtlinien noch in nationales Recht umgeformt, was nochmal juristische Arbeit ist.

Hinzu kommt, dass die EU-Texte in englisch sind und viele ein Fachvokabular benötigen. Was für ein Spaß...
Und je undurchsichtiger die politischen Strukturen sind, umso schwieriger wird es für den Bürger die Geschichten auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Dann sind wir wieder beim Demokratiedefizit, denn werden diese Strukturen verschleiert oder sind sie undurchschauberer als sie eigentlich sein müssten, dann kann der Bürger noch weniger die Geschichten der Kandidaten nachprüfen.
Und was ist undurchsichtig an der EU? Die EU Strukturen der Wahlen und wie Leute an welchen Posten kommen (zB Parlament, Kommissionpräsident, Kommission und Europäischer Rat) kann man in weniger als einer A4 Seite soweit zusammenfassen dass man die Grundzüge versteht.
Ich finde wenn ich die EU-Strukturen vergleiche mit unseren Strukturen für Land und Bund (in Österreich), da fühle ich mich weniger überfordert von den Strukturen auf EU-Ebene ...
Die Strukturen der EU liegen zum Teil ja über denen der Nationalstaaten. Die Kanzler sind EU-Ratsmitglieder, die dann die EU-Kommissare vorschlagen.

Wir haben also ein politisches System über einer Menge von politischen Systemen, die Verantwortlichkeiten hin- und herschieben. Da ist mir ein einfacher Nationalstaat sehr viel lieber.

Der Bürger wählt dann einen Abgeordneten, der einen Kanzler wählt, der eine Kommission mitbestimmt. Wenn der Bürger dann Verantwortlichkeit verlangt werden alle die Verantwortung auf den jeweils anderen schieben und sie dann noch auf andere Länder verteilen.

Dann wählt er noch bei der Europawahl die Europaabgeordneten, der dann die Mitglieder der EU-Kommission bestätigen darf.

Da kann man noch mehr Verantwortlichkeiten im Kreis rumschicken und das bei sehr komplexen Themen.

Ja die EU hat die Bürokratie zur Staatsform gemacht.
(...)
Aber das führt wieder zurück zum mündigen Bürger. Ich muss annehmen dass dieser sich, so ihm Information fehlt, sich nicht darauf verlässt bis er sie vorgekaut bekommt, sondern sich selbst besorgt (im Zeitalter der Information ja auch kein Problem, von A-Z findet man da alles, so gut wie alle Printmedien gibts auch im Netz).
Im Zeitalter der medialen Überflutung und Falschinformation gibt es vieles, nur was sollte man glauben und was ist überhaupt verständlich ohne ein Jura- und ein Wirtschaftsstudium und das ist noch das Minimum.

Da sind die Menschen nunmal überfordert. Und wenn ich mich mit so manchen unterhalte, dann entscheiden sie dementsprechend nach Persönlichkeit. Merkel war mit ihren Muttiwahlkämpfen auch erfolgreicher als mit ihren Inhaltswahlkämpfen. Das ist Fakt.

Du kannst den Menschen nicht ändern nur weil du ihn anders haben willst. Es bringt auch nichts ihm Unmündigkeit vorzuwerfen, wenn er zu mehr Mündigkeit in dieser politisch komplexen Welt nicht fähig ist.

Eulenspiegel
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Eulenspiegel »

Gubblinus hat geschrieben:Ich versuche mich laufend zu informieren, früher hats mal geheißen, wer nicht mindestens 2 Tageszeitungen liest, ist nicht gut informiert. Das gilt auch heute noch.
Tja, die meisten Wähler sind leider uninformierte Wähler.
Wer die Zeit sich politisch zu informieren nicht aufbringen will, der sollte lieber das Wählen sein lassen bevor er es Anhand dessen entscheidet ob einem das Gesicht des Politikers gefällt.
Das Problem mit dem Wählen ist, dass jeder wählen darf, der mindestens 18 ist.

Ich bin ja auch dafür, das Mindestalter abzuschaffen und dafür einen Wahltest einzuführen: Man darf in jedem Alter diesen Wahltest machen. Sobald man den Test bestanden hat, darf man wählen. - Das Problem ist, dass das von vielen Leuten als undemokratisch angesehen wird. Demokratie heißt halt auch, dass der Ungebildete wählen darf.

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sagista
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Varana hat geschrieben:Ich halte "nicht hinreichend demokratisch" weiterhin für zu viel Drama.

Im übrigen: Die Mehrheitsverhältnisse im EP sind leicht zugunsten der kleinen Staaten gewichtet - mit der Betonung auf "leicht". Im EP sitzen derzeit 751 Parlamentarier, davon 96 aus Deutschland und 6 aus Malta. Diese Zahlen sind festgeschrieben, man kriegt also durch mehr Wähler nicht mehr Stimmen. Daß ein Malteser Abgeordneter weniger Stimmen für sein Mandat braucht, stimmt - aber:
Dafür sind es auch nur 6 Sitze für sein Land, die gegen die "Großen" im Zweifelsfall gnadenlos untergehen.
Naja, ich finde es schon außerordentlich schwierig, wenn ein Abgeordneter aus Malta 68.833 Stimmen benötigt, ein Abgeordenter aus Frankreich jedoch 874.514 (Quelle). Das bedeutet, dass die Stimme es Bürgers Maltas 13 mal so viel wert ist wie die Stimme eines Franzosen. Für diese Handlungsweise gibt es einige, durchaus auch nicht abwegige Gründe, aber ich denke schon, dass man grundsätzlich konstatieren muss, dass es ein grundlegendes Demokratiedefizit ist, wenn die Wertigkeit der Stimmen so krass auseinandergeht. Das wäre so, als wenn bei Bundestagswahlen Stimmen aus dem Saarland 10 mal so viel wert wären wie Stimmen aus NRW.
Varana hat geschrieben:Häufig verteilen sich die Stimmen nicht so sehr nach Land, sondern nach Fraktion - deutsche Konservative werden im wesentlichen mit spanischen Konservativen stimmen und nicht mit der deutschen Linkspartei. ;)
Letztendlich wirkt sich diese Verzerrung in der Praxis deutlich weniger aus, als sie auf den ersten Blick aussehen mag.
Vielleicht sollte man dann Parteien auf europäischer Ebene bilden. Im EU-Parlament gibt es ja Fraktionen. Vielleicht sollte man die weiter ausbauen und europäische Parteien bauen, die sich dann in der gesamten EU zur Wahl stellen.
Varana hat geschrieben:Und zweitens - alle Bundesstaaten haben ein solches Korrektiv, das nach Staaten gewichtet, nicht nach Bevölkerungen. Selbst in der direktdemokratischen Schweiz muß bei Volksabstimmungen auch ein "Ständemehr" gegeben sein, d.h. die Mehrzahl der Kantone zustimmen, nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung. Man könnte daraus schließen, daß sich ein solches System als Kompromiß bewährt hat, um eine demokratische Vertretung der Interessen aller zu gewährleisten...
In Deutschland gibt es dafür den Bundesrat. Das ist auch in Ordnung, da hat jedes Bundesland eine Stimme. Aber das ist etwas völlig anderes als ein von Bürgern gewähltes Parlament, in dem nicht jede Stimme gleichwertig ist. Ist nicht jede Stimme gleich viel wert ist das ein problematisches Demokratie-Defizit. Ich glaube, wenn jemand auf die Idee käme, ein Wahlsystem zu propagieren, in dem die Wertigkeit der Stimme des Einzelnen vom Kontostand abhinge, gäbe es zu Recht große Proteste.
Andwari hat geschrieben:Junkers: "Ich habe dem Rat vorgetragen, dass ich ein Rechtsgutachten habe, dass mir sagt: 'das ist ein reines EU-Ding' und braucht damit keine nationale Ratifizierung. Mir ist das aber eigentlich egal."
=> Er berichtet das vmtl. genau deshalb auf dem EU-Gipfel, damit die hier anwesenden Regierungschefs sagen können "ne, wir wollen auch" - wenn sie das nicht tun, muss die Vorlage immer noch durch den EU-Ministerrat, wo es kein explizites Vetorecht einzelner gibt.

Lammert: Nach unserer Verfassung kann die Regierung diesem Vertrag zwingend nur mit Parlamentsmandat zustimmen."
=> Wenn seine Darstellung stimmt (vgl. außenpolitisches Regierungshandeln vs. Parlamentsrechte), hätte die deutsche Regierungschefin da entweder "Nein" zu obigem Junker-Vortrag sagen müssen oder ganz fest darauf vertrauen, dass deutsche Parlamentsmehrheit, EU-Ministerratsentscheidung und EU-Parlamentsentscheidung alle auf derselben Seite sind.
Wie man es auch dreht und wendet, das war mal wieder so ein richtiger Juncker. Wer Sprüche raushaut wie
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."
(in Die Brüsseler Republik, Der Spiegel, 27. Dezember 1999 Quelle) oder Dinge wie Luxemburg-Leaks mitzuverantworten hat, darf sich nicht wundern, wenn er für nicht sehr vertrauenswürdig gehalten wird. Ich glaube inzwischen tatsächlich, dass dieser Mann dem Image der EU großen Schaden zufügt.

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von Varana »

Im Bundesrat hat nicht jedes Bundesland eine Stimme. Da haben wir genau das System, ins Extrem getrieben: Bremen (650.000 Einwohner) hat drei Stimmen, NRW (17,5 Mio.) hat sechs Stimmen. Macht ein Verhältnis von... rechne es dir aus. :)
Das macht die ganze Sache trotzdem nicht zwingend undemokratisch, wenn am Ende eine Politik herauskommt, bei der jeder in halbwegs gleich schlechter Weise seine Interessen vertreten sieht.
Was die Malta-Frankreich-Diskrepanz angeht: Wie gesagt, sehe ich einen wesentlichen Punkt darin, daß die Malteser und die Franzosen nicht um Stimmen konkurrieren. Das ist jeweils eine interne Ausscheidung, keine übergreifende Wahl.

Ja, allgemeineuropäische Parteien würde ich tendenziell begrüßen. Ich will endlich den Verhofstadt wählen können. ;)

Gibt es für das Juncker-Zitat eigentlich eine andere Quelle als diesen Spiegelartikel (ohne jedwede Andeutung, in welchem Zusammenhang er das gesagt haben soll)?

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sagista
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

Ungelesener Beitrag von sagista »

Huch, wieder was dazugelernt ;-)
Aber sei es wie es sei, der Bundesrat ist ja kein gesetzgebendes Gremium sondern die Ländervertretung. Damit unterscheidet es sich vom EU-Parlament, das ich eher mit dem Bundestag vergleichen würde. Und da ist jede Stimme gleich viel wert, was ich für ein elementares Kriterium halte. Ob man sich im EU-Parlament mit dieser Diskrepanz arrangieren kann, weil man bislang kein besseres Instrument gefunden hat, kann ich akzeptieren. Aber dass wir hier ein durchaus gravierendes Demokratie-Defizit haben, muss man bei aller Nüchternheit feststellen, oder?

zu Juncker:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15317086.html
http://www.handelsblatt.com/politik/deu ... 45960.html

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

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Eulenspiegel hat geschrieben:Und es ist ja auch nicht so, als ob die 52% jetzt total entsetzt sind. Viele freuen sich immernoch auf den Austritt. Es sind halt die restlichen 48%, die gerade sehr medienwirksam auftreten.
Da nur jeder Dritte unter 25 und weniger als 60% derjenigen unter 35 gewählt haben im Vgl. zu 75+% der älteren Bürger, könnten die Zahlenverhältnisse der im Nachhinein (Un-)Zufriedenen bei 72% Wahlbeteiligung insgesamt etwas andere sein (was nicht heißen muss, dass eine andere Wahlbeteiligung wirklich ein anderes Ergebnis erbracht hätte - es geht bei "entsetzt vs. zufrieden" ja um Befindlichkeiten).
Da sieht man allerdings, wie schlau es ist, nicht wählen zu gehen bzw. dass man sich bei "taktischen" Wahlen ("ich will nur meinen Protest ausdrücken, bin aber gar nicht für das von mir gewählte Ergebnis") auch gehörig verschätzen kann.

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Re: Brexit - Und seine Folgen?

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Thargunitoth hat geschrieben:Und ist er seinen Job jetzt los, weil er schlechte Politik gemacht hat oder weil jemand glaubhaft erklären konnte, dass er schlechte Politik macht?
SchwierigeFrage, weil "schlechte" und "gute" Politik subjektiv sind. (gut zu sehen beim Brexit). Cameron jedenfalls ist weg, hat die politische Verantwortung übernommen.
Zum Stühlerücken: Na dann eben eine Partei wählen die das nicht tut (meistens eher die jungen oder kleineren Parteien). Wenn sich die Mehrheit dann trotzdem für alteingesessene "Stühle-Rück-Parteien" entscheidet, dann ist auch das als demokratisches Votum zu akzeptieren (auch wenn es mir zB überhaupt nicht passt).
Da sind deine 15-60 Minuten am Tag sehr löblich, allerdings bräuchte es entsprechende Mengen von Rechtsgelehrten, die diese Texte auseinandernehmen, die Texte für Ungelernte umschreiben und erörtern. Wir leben in sehr komplizierten Zeiten.
Auch nicht komplizierter als es immer schon war. Was du ansprichst ist etwas das noch nie anders war, weder mit nationalem noch internationalem Recht. Dazu gibts Medien, die Berichte und Reportagen machen, und um ein umfassenderes Bild zu bekommen, muss man eben mehr als eins konsumieren (und im besten Fall dafür zahlen, damit die auch Geld für Reportagen haben und nicht nur zB APA (österreichische Presse-Agentur)-Meldungen kopieren). Man muss nicht Experte sein, man muss sich nur einen suchen der es einem erklärt.
Wir haben also ein politisches System über einer Menge von politischen Systemen, die Verantwortlichkeiten hin- und herschieben. Da ist mir ein einfacher Nationalstaat sehr viel lieber.
Ich weiß nicht wie das in Deutschland ist, aber in Österreich haben die Landeskaiser sehr viel Macht. So simpel mit einer Verantwortungsebene ist es meines Wissens nach nicht. Ich kann dazu nur sagen: Ich fühle mich davon nicht wirklich überfordert, aber ich sehe ein, ich investiere auch (vergleichsweise) viel Zeit.
Ja die EU hat die Bürokratie zur Staatsform gemacht.
Die EU ist weniger bürokratisch als zB Österreich. Das Niveau an Vorschriften und Regularien ist in Österreich wesentlich umfassender als das in der EU. Fast alle Vorschriften die in der EU erarbeitet wurden sind Harmonisierungen (zumindest aus Sicht des Österreichers, aber wir leben auch in einem unglaublich komplizierten Vorschriften-Wirrwarr dass endlich mal entmistet gehört. Vielleicht bin ichs daher auch einfach gewohnt. Klassisches Beispiel ist die Gurkenkrümmungsverordnung. Die gibts in Ö schon glaub ich seit den 60ern, aber es war großes Geschrei wie die EU dazu eine harmonisierte Verordnung rausgebracht hat)
Im Zeitalter der medialen Überflutung und Falschinformation gibt es vieles, nur was sollte man glauben und was ist überhaupt verständlich ohne ein Jura- und ein Wirtschaftsstudium und das ist noch das Minimum.
Wie oben gesagt, sich Experten dazu suchen, 2 Printmedien von denen man glaubt dass die Qualität liefern, und sich von den Experten dort alles auf Normaldeutsch runterbrechen lassen.
Wer halt nicht diese Arbeit investieren mag, sich 2 Zeitungen jeden Tag durchzulesen, ja, der ist halt schlecht informiert. Das gilt aber für jeden Lebensbereich, wer nicht liest, und zwar so viel wie möglich/notwendig, der ist halt schlecht informiert.
Da sind die Menschen nunmal überfordert. Und wenn ich mich mit so manchen unterhalte, dann entscheiden sie dementsprechend nach Persönlichkeit. Merkel war mit ihren Muttiwahlkämpfen auch erfolgreicher als mit ihren Inhaltswahlkämpfen. Das ist Fakt.
Richtig, Fakt ist es. Nur verorte ich die Verantwortung darüber warum das so ist bei dem mündigen Wähler, nicht bei anderen die es ihm angeblich so schwer machen es zu verstehen. Klar, kostet Zeit, kostet Motivation, und ist Aufwand. (so wie eigentlich alles im Leben)
Aber die Entscheidung uninformiert zu sein hat der Wähler dann selbst getroffen (in Zeiten des problemlosen Informationszugangs, gibts meiner Meinung nach keine Ausrede mehr die über "ich wollte die Zeit einfach nicht investieren" hinausgehen könnte).
Das Problem mit dem Wählen ist, dass jeder wählen darf, der mindestens 18 ist.
Ich bin ja auch dafür, das Mindestalter abzuschaffen und dafür einen Wahltest einzuführen: Man darf in jedem Alter diesen Wahltest machen.
Da bin ich absolut dagegen. Ja, jeder muss wählen dürfen, denn wir treffen Entscheidungen die jeden betreffen. Mit einem Test ist die Frage: Wer macht die Fragen? Wer selektiert damit welche Bevölkerungsschichten aus? Das Missbrauchsrisiko ist viel zu groß.
(und zum Mindestalter: Ich war auch mit 18 dafür Wahlrecht erst ab 20 oder 22 zu machen. (in Ö ist das Wahlalter nun auch auf 16 runtergesetzt worden, ein Alter wo man nicht voll straffähig ist und nicht Autofahren darf, aber wählen darf man ...). Damit alle die wählen schon die Pubertät hinter sich haben. Aber gut, das ist (und war damals) mehr ein Bauchgefühl. Würde mir die Idee heute kommen, würde ich sie wohl ablehnen, weil ich anderen Menschen Wahlrechte entziehen würde, und nicht selbst betroffen wäre.

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Denderan Marajain
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

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@Gubblinus

Das Problem mit den 2 Zeitungen ist, dass wir, zumindest in Österreich, keine Qualitätszeitungen haben -> Man konsumiert im besten Fall Halbwissen

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Varana
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Re: Brexit - Und seine Folgen?

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@Thema (yeah!):
Boris will nicht. :censored: :kopf-auf-tisch:
Mein Gott, hat sich der Typ verkalkuliert. "Leider heldenhaft gescheiterter Verteidiger britischer Souveränität!" hätte so eine schöne Rolle sein können, wenn die Abstimmung doch nur anders ausgegangen wäre. Jetzt müßte er die Rolle "muß den Blödsinn jetzt umsetzen und den Leuten die Lügen erklären" spielen, und dazu hat er nicht die Eier. Was für ein Depp.

Sagista: Wenn man das unbedingt als "Demokratiedefizit" bezeichnen will, bitte - aber eben auch immer ins Verhältnis setzen, was wir uns sonst so ohne spürbaren Sand im Getriebe an "Demokratiedefiziten" leisten. Die Maßnahme hat ihren Sinn - und der Sinn ist eine Erhöhung der demokratischen Repräsentation von Interessen.
Bei "gravierend" gehe ich deshalb auf keinen Fall mit. Gravierend ist es, wenn es spürbare Folgen hat. Ich wüßte noch nicht einmal, wie ich anfangen sollte zu suchen, um spürbare Folgen exakt dieser Stimmenverhältnisse (in Abstimmungen, in Entscheidungen des EP) ausfindig zu machen.

Und vor allem halte ich es für gefährliche Irreführung und schamloses Lügen, wenn man eine Delegation von Entscheidungen an die nationalen Parlamente (oder noch schlimmer: Regierungen) dem als "demokratischer" entgegenstellt. Bei einer Entscheidung wie jetzt CETA kann z.B. das Malteser Parlament (bei dem es selbst solche Demokratiedefizite gibt wie daß eine Partei die Mehrheit der Stimmen, aber nicht die Mehrheit der Sitze erhalten kann, was tatsächlich schon zu Krisen geführt hat) durch den Zwang zur Einstimmigkeit im Endeffekt den gesamten Rest Europas überstimmen. Und solche Nettigkeiten. Das hat mit Demokratie nichts zu tun.

Danke für die Links zu Juncker, auch wenn sie letztendlich nicht ergiebig waren - der eine war der von mir gemeinte Spiegelartikel, das andere ist ja mehr oder weniger Buzzfeed-Qualität. ;) Es ging mir um den Kontext der Aussage, da schweigen sich beide aus (klar, eine echte Quellenangabe kann man beim Spiegel nicht unbedingt erwarten, aber wenigstens sowas wie "im Zusammenhang mit der Debatte über X sagte Juncker zu Y", oder so...)
Der ist, glaube ich, inzwischen einfach desillusioniert (oder "hat realistische Erwartungen", also keine). Ja, eigentlich wäre z.B. das reguläre Vorgehen bei CETA so und so. Aber wenn sich irgendwelche Regierungschefs oder zweit- bis drittrangige Politiker in den einzelnen Staaten grade mal wieder auf Kosten der europäischen Institutionen profilieren wollen, sind sie halt genau die Deppen, die Europa in Mißkredit bringen und langfristig destabiliseren, aber dagegen machen kann er nicht viel.

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